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Augsburger Mediengespräche 2024: „Stimme der Bürger, nicht des Elfenbeinturms“: Augsburger Medientage über Lokaljournalismus

Augsburger Mediengespräche 2024

„Stimme der Bürger, nicht des Elfenbeinturms“: Augsburger Medientage über Lokaljournalismus

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    Alarmierend: In den USA wachsen die sogenannten Nachrichtenwüsten.
    Alarmierend: In den USA wachsen die sogenannten Nachrichtenwüsten. Foto: Daniel Wirsching

    Die gelben Flecken auf der Karte sind alarmierend: In den USA dehnen sich die Wüstengebiete aus, und das überall, sogar an der Ostküste. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind in mehr als 3100 Countys gegliedert, in bereits 206 dieser Verwaltungseinheiten gibt es einer aktuellen wissenschaftlichen Erhebung zufolge keine Zeitungen mehr. Doch wo Nachrichtenwüsten wachsen, schadet das nachweislich dem Zustand der Demokratie. In den USA und weltweit. Das ist eine der eindrücklichsten Erkenntnisse der diesjährigen Augsburger Mediengespräche. Deren Thema: „Medien und Demokratie – Welchen Einfluss haben Lokaljournalismus und sozia­le Medien auf unsere Meinungsbildung?“

    „Lokaljournalismus hat die Chance, Gemeinschaft zu stiften“

    Die US-Karte mit den Nachrichtenwüsten präsentiert am Montagabend in der Teehalle des Hotel Maximilian’s in Augsburg Medienforscherin Alexandra Borchardt. Die USA seien für die Honorarprofessorin an der TUM School of Management der TU München wie ein „Labor“, sagt sie: Sie weisen den Weg, in diesem Fall einen, den der Lokaljournalismus auch hierzulande – wenn auch keineswegs zwangsläufig – nehmen könnte. Darauf verweist auch der Sozialwissenschaftler und freie Journalist Maxim Flößer. Er hatte festgestellt, dass in Orten in Baden-Württemberg, in denen kein Lokaljournalismus vorhanden ist, die AfD stärker bei einer Wahl war. Der Gedanke an die USA, in denen der erneut gewählte Präsident Donald Trump seriöse Medien als „Fake News Media“ schmäht, liegt da nicht fern, verunglimpfen doch AfD-Politiker Medien gerne als „Lügenpresse“.

    Doch nicht jede Entwicklung führt geradewegs in eine mediale Wüste. Selbst wenn in Deutschland gerade der privatwirtschaftlich organisierte und finanzierte (Lokal-)Journalismus zunehmend herausgefordert ist. Die Herausforderungen, denen er sich stellen muss, sind groß und vielfältig: Neben den unter Druck geratenen Geschäftsmodellen oder der schwierigen Suche nach neuen Geschäftsmodellen zersplittert die Gesellschaft, greift der Populismus um sich, ändert sich die Mediennutzung grundlegend. Schließlich schreitet die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) voran, mit nach wie vor nicht genau abschätzbaren Folgen.

    Medienforscherin Alexandra Borchardt betonte die Bedeutung von investigativem Journalismus und die der lokalen Berichterstattung.
    Medienforscherin Alexandra Borchardt betonte die Bedeutung von investigativem Journalismus und die der lokalen Berichterstattung. Foto: Jacobia Dahm

    Wie also lässt sich die Zukunft eines starken, für die Demokratie so wichtigen (Lokal-)Journalismus von Presse wie Radio- und TV-Sendern gleichermaßen sichern? Alexandra Borchardt und ihren Mitdiskutanten auf dem Podium (Moderation: Digitalexperte Richard Gutjahr) fällt dazu einiges ein: Es gehe unter anderem darum, KI bewusst und strategisch einzusetzen, vor allem aber darum, investigativen Journalismus und die Berichterstattung vor Ort zu stärken. Denn dies sei ein Alleinstellungsmerkmal, etwas auch, das weder Google-Suchen noch KI zu leisten imstande seien.

    Darauf kann sich das Podium ebenso einigen wie auf eine These von Douglas K. Smith, die Borchardt zitiert. Der Vordenker und Berater der „World Association of News Publishers“ meint: „Lokaljournalismus hat die Chance, Gemeinschaft zu stiften und damit Orten wieder einen Sinn zu geben.“ Oder anders: Sogar Wüsten können wieder ergrünen. Auch solche Beispiele gibt es in den USA.

    Lokaljournalismus müsse die „Stimme der Bürger“ sein, nicht die des „Elfenbeinturms“

    Gemeinschaft stiften, im Dialog mit seinen Nutzerinnen und Nutzern sein: Dies sei unerlässlich, betont die stellvertretende Chefredakteurin der Augsburger Allgemeinen, Lena Jakat. Auch, weil es darum gehe, das Vertrauen, das den Marken des Medienunternehmens entgegengebracht werde, zu bestätigen und auszubauen. Jakat nennt als Beispiel die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer im Süden Deutschlands, bei der vertrauensvolle Informationen essenziell gewesen seien – und die Nachfrage nach ihnen hoch.

    Thorsten Schmiege, der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), gibt sich überzeugt: Lokale Inhalte seien und würden immer mehr zum „Herzstück unserer Gesellschaft und unserer Demokratie“. Lokaljournalismus müsse dabei die „Stimme der Bürger“ sein, nicht die des „Elfenbeinturms“. Hierzu aber müsse in den Journalismus investiert werden, und „da sehe ich auch ganz klar die Politik gefordert“, so der BLM-Präsident.

    Das Podium der Augsburger Mediengespräche 2024 (von links): BLM-Präsident Thorsten Schmiege, Lena Jakat (stellvertretende Chefredakteurin der Augsburger Allgemeinen), Moderator Richard Gutjahr, Sozialwissenschaftler Maxim Flößer und Medienforscherin Alexandra Borchardt.
    Das Podium der Augsburger Mediengespräche 2024 (von links): BLM-Präsident Thorsten Schmiege, Lena Jakat (stellvertretende Chefredakteurin der Augsburger Allgemeinen), Moderator Richard Gutjahr, Sozialwissenschaftler Maxim Flößer und Medienforscherin Alexandra Borchardt. Foto: Daniel Wirsching

    Die BLM veranstaltet die Augsburger Mediengespräche seit Jahren in Zusammenarbeit mit den Augsburger Hörfunk- und Fernsehsendern und der Stadt Augsburg. Deren Oberbürgermeisterin Eva Weber betont an dem Abend ebenfalls die Bedeutung des Journalismus für die Meinungsbildung. Denn wer keine Ahnung habe, habe auch keine Meinung – zitiert die CSU-Politikerin den Grünen Joschka Fischer. Weber spricht sich zudem für eine Förderung von Medienbildung an den Schulen aus. Die sei Demokratiebildung. 

    Die Augsburger Mediengespräche 2024 sind als Stream auf www.augsburger-allgemeine.de abrufbar. Der Sender a.tv zeigt sie am 30.11.2024 um 20 Uhr in seinem Programm.

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