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Maskenaffäre: Umstrittene Masken-Deals waren legal: Das sagen Nüßlein und Sauter zum BGH-Urteil

Maskenaffäre

Umstrittene Masken-Deals waren legal: Das sagen Nüßlein und Sauter zum BGH-Urteil

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    Fall erledigt: Alfred Sauter bleibt in der Maskenaffäre straffrei – genau wie Georg Nüßlein.
    Fall erledigt: Alfred Sauter bleibt in der Maskenaffäre straffrei – genau wie Georg Nüßlein. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Zweimal war Alfred Sauter bislang als Zeuge in den Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre geladen. Zweimal berief er sich auf sein Aussageverweigerungsrecht und demonstrierte mit beiden Händen in den Hosentaschen maximale Gelassenheit, wo andere Schweißausbrüche hätten. Das entspannte Auftreten des langjährigen CSU-Politikers und berüchtigten Strippenziehers gründete auf dessen Überzeugung, mit der lukrativen Vermittlung von Masken-Deals nichts Illegales getan zu haben. Nun hat es Alfred Sauter – und mit ihm der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein – schwarz auf weiß und höchstrichterlich.

    Das Anbahnen der umstrittenen Geschäfte und das Kassieren von hohen Provisionen waren legal. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung klargestellt und damit die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft München verworfen. Derartige Aktivitäten von Politikern fallen demnach nicht unter das Verbot der Bestechung oder Bestechlichkeit von Mandatsträgern. Sauter, Nüßlein und ihre Geschäftspartner dürfen damit nicht nur die Millionen-Provisionen für die Beschaffung von Corona-Masken zu Beginn der Pandemie behalten. Mit dem Beschluss haben die Richter sie praktisch von allen strafrechtlichen Vorwürfen freigesprochen.

    Georg Nüßlein, damals CSU-Mitglied und Abgeordneter im Bundestag.
    Georg Nüßlein, damals CSU-Mitglied und Abgeordneter im Bundestag. Foto: Soeren Stache, dpa (Archivbild)

    Sauter reagiert im Gespräch mit unserer Redaktion gewohnt entspannt: „Ich fühle mich in allem bestätigt, was ich von Anfang an gesagt habe.“ Tatsächlich hatte der heute 71-Jährige im März 2021 via Presseerklärung erklärt: „Die mir unterstellte ,Bestechung‘ für meine Abgeordnetentätigkeit ist ebenso wie die angebliche Verkürzung von diesbezüglichen Steuern abenteuerlich und konstruiert. Sie basiert auf Unterstellungen, die nicht zutreffen.“ Damals war die öffentliche Empörung dennoch groß – und die Rechtsfrage bei Weitem nicht so eindeutig. Ihren Anfang hatte die Maskenaffäre genommen, als die Büros und Privaträume des damaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein durchsucht wurden. Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern. Die CSU reagierte knallhart und distanzierte sich von ihren langjährigen Abgeordneten. Nüßlein behielt zwar sein Bundestagsmandat bis zum Ende der Legislaturperiode, gab aber sein Parteibuch zurück und legte alle Posten, unter anderem als stellvertretender Fraktionsvorsitzender, nieder. Auch Sauter trat von seinen Ämtern zurück und verließ notgedrungen die CSU-Fraktion im Landtag. Er ist aber bis heute Abgeordneter im Bayerischen Landtag.

    CSU-Generalsekretär über Sauter und Nüßlein: "Der juristische Freispruch macht die moralische Schuld nicht wett"

    Ein politisches Comeback der beiden wird es, zumindest in der CSU, trotz der BGH-Entscheidung nicht geben. CSU-Generalsekretär Martin Huber erteilt solchen Spekulationen auf Nachfrage eine Absage: „Der juristische Freispruch macht die moralische Schuld nicht wett.“ Klar sei: „Als Abgeordneter darf man sich an einer schweren Notsituation wie der Corona-Krise nicht bereichern“, betonte Huber. Die CSU habe deshalb schnell und konsequent gehandelt.

    Zumindest Nüßlein merkt man die Enttäuschung über seine frühere Partei noch immer an: „Der CSU war die öffentliche Abgrenzung von den eigenen Abgeordneten wichtiger als wenigstens einmal direkt mit mir darüber zu reden“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion kurz nach Bekanntwerden der BGH-Entscheidung und fügt hinzu: „Der neue Generalsekretär Martin Huber hat genauso wenig mit mir über den Sachverhalt gesprochen wie sein Vorgänger Markus Blume. Das ist so, als würde ich die angeblichen Plagiate in Hubers Dissertation kritisieren, ohne sie gelesen zu haben.“ Der 53-jährige Nüßlein kann die Vorwürfe gegen ihn bis heute nicht nachvollziehen: „Was soll daran moralisch verwerflich sein, wenn man der öffentlichen Hand inmitten einer akuten Krise Masken beschafft, die deutlich günstiger sind als die meisten anderen, die in dieser Zeit eingekauft werden?“

    Sauter und Nüßlein hatten für die Vermittlung von Maskengeschäften der hessischen Firma Lomotex hohe Provisionen kassiert. Sauter ließ sich 1,243 Millionen Euro über eine Firma auszahlen, die offiziell auf die Namen seiner Töchter lief. Nüßlein stand laut Vereinbarung praktisch derselbe Betrag zu. Nach einer ersten Tranche von 660.000 Euro, die von einer Firma in der Karibik auf ein Liechtensteiner Konto ging, stoppte die Liechtensteiner Bank aber den Geldfluss und schaltete die Finanzaufsicht ein. Das Geschäft flog auf, die Generalstaatsanwaltschaft München nahm Ermittlungen auf. Doch die obersten Richter sind heute der Auffassung, dass die beiden Politiker nicht „in Wahrnehmung ihres Mandats“ handelten, wie es im entsprechenden Strafrechtsparagrafen 108e heißt. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen, „rein außerparlamentarische Betätigungen“ des Mandatsträgers zu erfassen. So sehen Deutschlands oberste Strafrichter also die Rechtslage.

    Nüßlein über Debatte um Nebentätigkeiten von Amtsträgern: "Das halte ich für katastrophal"

    Die Frage ist, ob das so gut und richtig ist. Bleibt alles dabei, dann dürfen Abgeordnete weiterhin legal – und auch zum eigenen finanziellen Vorteil – die Autorität ihres Mandates oder ihrer Kontakte nutzen, um Entscheidungen zum Beispiel von Behörden und Ministerien zu beeinflussen, solange dies nicht im Parlament oder in Ausschüssen geschieht. Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass es Sache des Gesetzgebers ist, darüber zu befinden, ob er diese Strafbarkeitslücke bestehen lassen will.

    Der Grünen-Landtagsabgeordnete Florian Siekmann, stellvertretender Vorsitzender im bayerischen Untersuchungsausschuss „Maske“, hat dazu eine klare Meinung: „Die Gesetzeslage steht im krassen Gegensatz zum Gerechtigkeitsempfinden der Menschen. Deutschland braucht ein scharfes Antikorruptionsrecht, damit dem Geldscheffeln mit dem Mandat ein Riegel vorgeschoben werden kann.“ Nüßlein kann diese Debatte nicht verstehen: „Sie können die Amtsautorität eines Abgeordneten nicht verbieten. Wenn der Staat will, dass Politiker neben ihrer Tätigkeit im Parlament nichts verdienen dürfen, dann muss er faktisch ein Berufsverbot für Selbstständige und Unternehmer erlassen. Das halte ich für katastrophal.“

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