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Masken-Affäre: Abschlussdebatte zur Masken-Affäre: "Herr Sauter, Ihre Redezeit ist zu Ende"

Masken-Affäre

Abschlussdebatte zur Masken-Affäre: "Herr Sauter, Ihre Redezeit ist zu Ende"

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    Im Untersuchungsausschuss am 12. Mai 2022 hatte Alfred Sauter noch keine Lust, über die Masken-Affäre zu reden. In der Plenarsitzung in der Nacht zum Mittwoch brach er sein Schweigen.
    Im Untersuchungsausschuss am 12. Mai 2022 hatte Alfred Sauter noch keine Lust, über die Masken-Affäre zu reden. In der Plenarsitzung in der Nacht zum Mittwoch brach er sein Schweigen. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Erst lautstarke Wortgefechte, dann plötzlich fast völlige Stille. Die abschließende Debatte im Landtag zur Masken-Affäre folgt in der Nacht zum Mittwoch einer ganz eigenen Dramaturgie: Erst ein scharfer Streit über die Bewertung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses, dann – als überraschender Höhepunkt – der Auftritt des fraktionslosen schwäbischen Landtagsabgeordneten und früheren bayerischen Justizministers Alfred Sauter (CSU).

    Debatte zur Masken-Affäre war ursprünglich auf 1.45 Uhr in der Nacht angesetzt

    Es ist 21.17 Uhr. Mehr als sieben Stunden Plenarsitzung sind bereits rum und die Abgeordneten sind froh, dass es nun doch schneller gegangen ist als geplant. Ursprünglich war die abschließende Debatte zur Masken-Affäre, weil sich zuletzt einiges an unerledigter Arbeit angehäuft hatte, auf 1.45 Uhr in der Nacht angesetzt gewesen. Einige Tagesordnungspunkte aber hatten dann doch im Schnelldurchgang erledigt werden können. Jetzt sind alle gespannt. Dass es heftig zur Sache gehen wird, ist ohnehin klar. Und dann ist da ja noch Sauter, der sich an siebter Stelle auf die Rednerliste hat setzen lassen. Was hat er vor? Warum bricht er sein langes Schweigen?

    Als erster Redner hat ein anderer ehemaliger bayerischer Justizminister das Wort. Winfried Bausback (CSU) hat als Vorsitzender den Untersuchungsausschuss geleitet, der in knapp eineinhalb Jahren rund zwei Millionen Blatt Akten durchforstet und in 45 Sitzungen 150 Zeugen zur Beschaffung von Schutzausrüstung gehört hat. Sein Fazit: Einziges Ziel allen Handelns der Staatsregierung sei die Rettung und der Schutz von Menschenleben gewesen. Alle Beschaffungen seien nach Recht und Gesetz erfolgt. Und abgesehen vom „moralischen Fehlverhalten“ der früheren CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter sowie durch „die Privatperson Andrea Tandler“ sei der Generalverdacht von Vetternwirtschaft oder Korruption bei staatlichen Beschaffungen während der Pandemie „eindeutig widerlegt“.

    Die Tonlage wechselt abrupt, als Bausback zur politischen Bewertung der Untersuchungsergebnisse kommt. Er greift Grüne, SPD und FDP frontal an, wirft ihnen vor, in ihrem Minderheitenbericht mit maximaler Polemik zu agieren, Fakten zu ignorieren und Fake News zu verbreiten. „How dare you!“ (Wie können Sie es wagen!), ruft Bausback mehrfach in Richtung seines Co-Vorsitzenden Florian Siekmann (Grüne) und sagt in Anspielung auf die Trauzeugen-Affäre im Bundeswirtschaftsministerium: „In Berlin praktizieren Sie das, was Sie hier zu konstruieren versuchen. Das ist Scheinheiligkeit im größten Maße.“

    Siekmann: Gute Kontakte in die Staatskanzlei waren wichtiger als Zertifikate

    Siekmann kontert. Der Ausschuss habe neue Sachverhalte zu den Masken-Geschäften aufgedeckt. Dabei sei klar geworden: „Gute Kontakte in die Staatskanzlei waren im Zweifel wichtiger als gültige Zertifikate.“ Dass Andrea Tandler, die Tochter des CSU-Politikers Gerold Tandler, durch ihre CSU-Kontakte 48 Millionen Euro Provision für EMIX-Masken habe kassieren können, sei „das Paradebeispiel für CSU-Filz“. Niemand außer dem Freistaat Bayern habe den „Mondpreis von 8,90 Euro netto oder 10,60 Euro brutto“ bezahlt.

    Gerald Pittner (Freie Wähler) springt Bausback zur Seite. „Lebensschutz war das oberste Ziel der Staatsregierung“, sagt er. Sprecher der Opposition aber schlagen in der phasenweise turbulenten Debatte in dieselbe Kerbe wie zuvor Siekmann. Gerd Mannes (AfD) sagt, die CSU habe „nie ein wirkliches Interesse an der Aufklärung der schmutzigen Geschäfte gehabt“. Markus Rinderspacher (SPD) weist die

    So unterschiedlich die Bewertungen auch ausfallen – in einem Punkt sind sich alle einig: Das Verhalten von Sauter und Co. wird als moralisch verwerflich beurteilt.

    Um 22.38 Uhr tritt Alfred Sauter erkennbar nervös ans Rednerpult – und setzt zur Gegenrede an

    Der derart Gescholtene saß die ganze Zeit über auf seinem Stuhl in der letzten Reihe. Um 22.38 Uhr tritt er erkennbar nervös ans Rednerpult. Im Untersuchungsausschuss hat er beharrlich geschwiegen. Nun setzt er zur Gegenrede an. Im Plenarsaal ist es plötzlich mucksmäuschenstill.

    Es sei komisch, so Sauter, dass man jetzt „ein paar böse Buben braucht“, wenn doch alles so rund-gelaufen sei. Er fragt, warum keiner danach gefragt habe, warum es zu Beginn der Pandemie keine Schutzausrüstung gegeben habe. Und er gibt auch gleich die Antwort: „Das Muster war so, dass denen nachgestellt worden ist, die einen Versuch unternommen haben, das Dilemma, das politisch zu verantworten war, zu lösen, indem sie durch Vermittlung und organisatorische Beiträge dafür gesorgt haben, dass die Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung ermöglicht worden ist.“

    Dann geht Ex-Justizminister Sauter auf Ex-Justizminister Bausback los. Er hält ihm vor, dass das Strafverfahren, das Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle gegen ihn eingeleitet hatte, laut Urteil des Bundesgerichtshofs „rechtswidrig“ war. „Gegen mich hätte nicht ermittelt werden dürfen, weil kein Anfangsverdacht bestanden hat“, sagt Sauter und wirft Bausback vor, er habe es unterlassen, das im Schlussbericht zu erwähnen.

    Warum sind die Vergütungen an Sauter über Liechtenstein geflossen?

    Bausback stellt Gegenfragen. Er will unter anderem wissen, warum die Vergütungen an Sauter über Liechtenstein geflossen seien. Sauter sagt dazu nichts, hakt aber wegen des Strafverfahrens nach. Seine vier Minuten Redezeit, die ihm als fraktionsloser Abgeordneter zustehen, sind rum. Nur dank einer Serie von Zwischenbemerkungen aus den Reihen der Abgeordneten geht es noch eine kleine Weile hin und her. Gabi Schmidt (Freie Wähler) empört sich: „Herr Sauter, schämen Sie sich!“ Sauter schweigt. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn fragt nach dem Verbleib des Geldes. Sauter beteuert, alles Geld sei „entweder versteuert oder gespendet“.

    Nach 14 Minuten macht Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch (FDP) Schluss mit der Debatte. Er sagt: „Herr Sauter, Ihre Redezeit ist zu Ende.“

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