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Ludwig II.: Historiker räumt mit König-Ludwig-Klischees auf

Ludwig II.

Historiker räumt mit König-Ludwig-Klischees auf

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    Über Ludwig II. ranken sich zahlreiche Mythen. Ein neues Buch des Historikers Marcus Spangenberg räumt jetzt mit gängigen Stereotypen auf.
    Über Ludwig II. ranken sich zahlreiche Mythen. Ein neues Buch des Historikers Marcus Spangenberg räumt jetzt mit gängigen Stereotypen auf. Foto: Benedikt Siegert

    Über König Ludwig II. sei schon alles geschrieben und gesagt? Mitnichten, glaubt der Regensburger Historiker Marcus Spangenberg. Auf 120 Seiten räumt er in einem 2023 erschienenen Buch mit dem gängigsten Kini-Kitsch und Klischees über den Bayernkönig auf.

    Von wegen modernes Märchenschloss: „Ludwig folgte seiner Zeit eher, als dass er ihr vorauseilte“, schreibt Spangenberg. Neuschwanstein sei deshalb im Kontext der Zeit betrachtet gar nicht so modern, wie viele glauben. Als Beispiel führt er fehlendes elektrisches Licht an, das 1878 bereits in einem Schweizer Luxushotel installiert worden sei. Auch der viel beachtete Telefonapparat im Adjutantenzimmer habe nur innerhalb des Schlosses funktioniert, erklärt Spangenberg. Ein Anschluss an das allgemeine Fernsprechernetz habe aber gefehlt. „Dabei hätte die Möglichkeit dazu bestanden“, sagt Spangenberg. Modernere Mittel hätten auch bei der Heizung des Schlosses zur Verfügung gestanden – dies erklärt der Historiker am Beispiel der Villa Krupp in Essen. Und auch die auf der Baustelle in Hohenschwangau eingesetzten Dampfmaschinen seien bereits bei anderen Projekten im 19. Jahrhundert erprobt gewesen. „Neuschwanstein ist dadurch weder bahnbrechend noch Vorreiter“, sagt Spangenberg. Sein Fazit: Ludwig war in Sachen Neuschwanstein mehr Pragmatiker als Visionär.

    Auf 120 Seiten räumt Spangenberg mit dem gängigsten Kini-Kitsch und Klischees über den Bayernkönig auf

    Keine Liebe zur Kaiserin Sisi: Eine „gefühlte Nähe“ zwischen Ludwig II. (1845 - 1886) und Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837 - 1898) habe zwar bestanden. Doch von einer Liebesbeziehung könne keine Rede sein, schreibt Spangenberg. Seit der Heirat seiner Großcousine mit dem Habsburger Franz Josef I. hätten die beiden fast zehn Jahre keinen Kontakt gehabt. Erst 1864 sahen sich die beiden im fränkischen Bad Kissingen wieder. Doch Spangenberg erklärt, Ludwigs Interesse habe seinerzeit mehr der russischen Zarin Maria Alexandrowna gegolten. Ihr sei der Wittelsbacher sogar eigens zur Kur nach Bad Schwalbach nachgereist. „Wenn Ludwig in dieser Zeit von ,seiner Kaiserin’ schrieb, war stets die Zarin und nicht Sisi gemeint“, sagt der Historiker. Stützen kann er sich dabei auf frühe Biografen, die sowohl Elisabeth als auch den Bayern-König persönlich kannten. Belegen kann Spangenberg seine Thesen auch mit Briefen Ludwigs. Dort habe er keine anderen Worte oder keinen anderen Ton verwendet als an andere ihm nahe stehende Personen. Auch habe es immer wieder große Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden gegeben. In politischen Angelegenheiten zum Beispiel, besonders aber bei der Auflösung der Verlobung Ludwigs mit Sisis Schwester Sophie: „Es gibt keinen Ausdruck für ein solches Benehmen“, schrieb die Kaiserin damals. Und doch verschweigt Spangenberg in seinem neuen Buch nicht, dass Ludwig und Sisi einen ähnlichen Blick auf die Welt hatten. Sie lehnten das höfische Zeremoniell ab, hegten eine Abneigung gegen die eigene Familie Wittelsbach, interessierten sich beide für Pferde und zeichneten sich durch großen Eigensinn aus. Doch Spangenberg stellt klar: Die bis zur Schmerzgrenze ausgereizte vermeintliche Liebesbeziehung zwischen den beiden, wie sie unter anderem im Ludwig-Musical in Füssen inszeniert wird, sei nicht mehr als ein künstliches Bild.

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    Foto: dpa

    Der „Kini“ war kein Hase: Entrüstete Anhänger mokieren sich bis heute, wenn anstelle seiner Majestät vom „Kini“ die Rede ist. Ihr Argument: Der Begriff stamme aus der Tierzucht („Kini-Has“) und solle Ludwig II. nachträglich verunglimpfen. Spangenberg entgegnet diesem Irrtum Folgendes: der Begriff „Kini“ stamme vom mittelhochdeutschen Wort „künec“ für König. Und noch entscheidender: Der Begriff war auch schon vor der Zeit Ludwigs geläufig. Der Historiker zitiert dabei aus einem Werk des bayerischen Volksschriftstellers Franz von Kobell – bekannt unter anderem als Autor des Brandner Kaspars. Dieser sprach nämlich im Zusammenhang mit Max II. bereits 1860 vom „Kini“ – der Monarch hatte den Vers sogar eigens in Auftrag gegeben.

    Im Namen des Volkes: Ludwig II. nannte seinen Bau in Hohenschwangau zu Lebzeiten immer die „Neue Burg“. Den Namen Neuschwanstein bekam das Schloss vom Volk verpasst. „Es ist bemerkenswert, dass eine Sehenswürdigkeit, die wie kaum eine andere mit Königswürde und Herrscherglanz verknüpft ist, einen Volksnamen trägt“, sagt Spangenberg.

    Das Buch „Ludwig II. – Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“ ist im Klartext-Verlag erschienen (ISBN Nummer: 978-3-8375-2554-0).

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