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Lesetipp: Wie Covid-Erkrankte aus der Region mit Langzeitfolgen kämpfen

Lesetipp

Wie Covid-Erkrankte aus der Region mit Langzeitfolgen kämpfen

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    Vor allem Müdigkeit und Konzentrationsschwächen machen den Corona-Erkrankten noch Monate später zu schaffen.
    Vor allem Müdigkeit und Konzentrationsschwächen machen den Corona-Erkrankten noch Monate später zu schaffen. Foto: Oliver Killig, dpa

    Sie können sich nicht konzentrieren, bekommen schwer Luft, sind erschöpft: Wer an Covid 19 erkrankt, hat oft mit Spätfolgen zu kämpfen. Studien zufolge sind 10 bis 20 Prozent der Corona-Genesenen von Spätfolgen betroffen – unabhängig davon, ob der Verlauf mild oder schwer war. Die Symptome können unterschiedlich lang auftreten. Es können Wochen sein, Monate oder ein ganzes Jahr. Hier berichten Genesene über ihre Erfahrungen:

    Bernhard, 50 Jahre:

    In den Monaten nach meiner Erkrankung hatte ich kaum noch Energie. Diese Müdigkeit war nicht vergleichbar mit normaler Erschöpfung. Das ist wie Leim, der sich über die die Muskeln und den Kopf legt. Es war mühsam, zum Kühlschrank zu gehen oder die Teller abzuwaschen. Ich bin abends nur noch ins Bett gefallen. Nicht mal mehr umgezogen habe ich mich.

    Einmal bin ich sogar bei der Arbeit eingeschlafen – vor meinen Schülerinnen und Schülern. Ich unterrichte Geflüchtete in einer zentralen Unterbringungseinrichtung. Sie waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 19 und 22 Jahre alt – alles junge und nette Menschen. Sie dachten, ich hätte einfach schlecht geschlafen in der Nacht zuvor.

    Insgesamt hat es Monate gedauert, bis ich mich wieder normal gefühlt habe. Infiziert hatte ich mich im November 2020, erst im April ist die Müdigkeit verflogen. „Long Covid“ war mir damals noch kein Begriff. Deshalb bin ich zunächst auch gar nicht zum Arzt gegangen. Ich dachte, ich wäre durch Corona einfach psychisch erschöpft.

    Heute spüre ich zum Glück nichts mehr. Ich glaube, dass ich noch ganz gut weggekommen bin. Immerhin ist die Müdigkeit bei mir inzwischen verflogen. Bei anderen dauert das noch länger. Ich glaube, in so einem Fall hätte ich meinen Job kündigen müssen. Es war ja in diesen sechs Monaten schon schwer, noch zu unterrichten.

    Antoine, 49 Jahre, aus Aichach:

    Meine Infektion liegt schon eine Weile zurück. Das war im Februar 2020. Die Auswirkungen habe ich aber noch ein knappes Jahr später gespürt. Ich war extrem kurzatmig. Es war schon anstrengend, nur mit dem Hund zu gehen oder Treppen zu steigen. Ich war sofort aus der Puste.

    Die Kurzatmigkeit hat sich schon kurz nach der Infektion entwickelt. Während der eigentlichen Erkrankung musste ich Tag und Nacht husten, nichts hat dagegen geholfen. Das hat mich mürbe gemacht. Die Kurzatmigkeit ist dann immer schlimmer geworden. Alle drei Schritte musste ich Pause machen. Insgesamt bin ich aber trotzdem relativ glimpflich weggekommen. Ich musste nicht ins Krankenhaus.

    Was mir auch noch lange zu schaffen gemacht hat: die Konzentrationsschwäche. Arbeiten wurde schwierig. Ich bin in der Zeit nach meiner Erkrankung zu Hause geblieben. Zunächst im Homeoffice, später musste ich mich arbeitslos melden. Ich konnte mich plötzlich auf die einfachsten Sachen nicht mehr konzentrieren. Ich lese zum Beispiel sehr viel. Aber wenn ich ein Buch aufgeschlagen habe, konnte ich mich schon nach ein paar Seiten nicht mehr an die Hauptperson erinnern. Man fühlt sich dabei komplett hilflos, weil man so einfache Aufgaben nicht mehr schafft. Und weil man nichts dagegen tun kann. Diesen Langzeitfolgen ist man komplett ausgeliefert.

    Heute geht es mir besser. Seit Februar merke ich von der Konzentrationsschwäche nichts mehr, ich bin weniger erschöpft und kann frei atmen. Inzwischen habe ich auch wieder einen Job gefunden. Aber dass eine Krankheit auch in den Monaten nach der Erkrankungen einen noch so umwirft, das habe ich bisher nie erlebt.

    Jean-Yves, 24 Jahre, aus Dillingen:

    Bis heute kann ich nicht richtig riechen oder schmecken. Ich hätte nicht gedacht, wie viel Lebensqualität einem dadurch verloren geht. Ich nehme die Welt nur noch dumpf wahr, weil mir diese zwei Sinne komplett fehlen. Das kann wirklich frustrierend sein. Ich beiße in mein Mittagessen und schmecke nichts.

    Und das, obwohl ich noch eine relativ milde Erkrankung durchgemacht habe. Zumindest verglichen mit Menschen, die auf der Intensivstation lagen. Infiziert habe ich mich vor ein paar Wochen, Anfang November war das. Über die folgenden Tage hinweg hatte ich hohes Fieber – fast 39 Grad. Dazu Kopfweh, Gliederschmerzen, Husten, Schnupfen. Mir war es überhaupt nicht möglich, mich überhaupt aus meinem Bett zu bewegen. Ich hatte keinen Hunger, keinen Durst, ich hab über die Zeit hinweg quasi nichts gegessen außer Suppe und selbst die musste ich mir reinzwingen. Teilweise habe ich nicht mal das geschafft. Ich finde es wirklich erschreckend, dass auch junge geimpfte Menschen so von der Krankheit erwischt werden können.

    Martin (Name geändert), 25 Jahre, aus Augsburg:

    Nach meiner Erkrankung hat es bei mir noch vier Wochen gedauert, bis ich wieder fit war. Ich war schon vom Treppenlaufen komplett außer Atem. Sport ging gar nicht. Ich bin dann viel Spazieren gelaufen. Aber selbst das war schon eine echte Aufgabe.

    Ich habe fast 10 Kilo verloren. Essen und Getränke waren komplett ohne Geschmack, Schlucken tat weh. Wegen des vielen Hustens war mein Rachen entzündet und ich habe Blut gehustet – zum Glück aber nicht aus der Lunge.

    Nach meiner Erkrankung musste ich sechs Monate warten, bis ich mich impfen lassen konnte. Dann habe ich es sofort gemacht. Nicht, um ins Restaurant zu kommen. Sondern einfach, weil ich das auf keinen Fall nochmal durchmachen möchte.

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