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Leser-Kommentare zum Skandal in der JVA Gablingen

Skandal-Gefängnis

„Ich war in der JVA Gablingen und dieses Video ist nur die Spitze des Eisbergs“

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    Ein Justizangehöriger geht mit zwei Hunden vor der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen.
    Ein Justizangehöriger geht mit zwei Hunden vor der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen. Foto: dpa

    „Unfassbar“, schreibt jemand unter das 34 Minuten lange Youtube-Video, „dass sowas hier in Deutschland passiert“. Das Entsetzen über die mutmaßlichen Vorgänge in der JVA Gablingen ist auch in der Kommentarspalte spürbar. „Das sind Menschen, die Fehler gemacht haben, aber es gibt keinem das Recht, sie so zu behandeln.“ Die Behandlung: tagelang alleine in einer Spezialzelle eingesperrt, nackt, kaum Essen und Trinken, keine Ansprache, Schmerzen. Von Folter ist die Rede. Und die meisten Menschen, die von den Eindrücken aus dem Skandal-Gefängnis erfahren, sind schockiert. „Wenn du dir Brotscheiben wegsparen musst, um nicht auf dem nackten Boden zu schlafen...“, kommentiert jemand voller Entsetzen.

    Worum es geht: Vor etwa einem Jahr durften Reporter der Augsburger Allgemeinen Zeitung für eine exklusive Video-Dokumentation erstmals hinter die Mauern der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen. Sie gilt als modernstes Gefängnis Bayerns, was deren Leiterin nicht ohne Stolz betont hat. Sie führte die Reporter durch die JVA, schwärmte von der Einrichtung und hob hervor, wie streng es dort zugehe. Damals wurde sie mit der Frage konfrontiert, ob so viel Strenge nicht der Resozialisierung schade. Die Leiterin empfand das nicht so, Ex-Häftlinge und Anwälte sehen das bis heute anders.

    Folter in der JVA Gablingen? Das sind die Reaktionen auf Youtube

    Inzwischen geht es um eine viel gravierendere Frage: Was hat sich in den Spezialzellen – den besonders gesicherten Hafträumen (bgH) der JVA Gablingen abgespielt? Schwerwiegende Foltervorwürfe stehen im Raum und noch immer kommen neue Details ans Licht, etwa dass es mindestens zwei Fälle gab, in denen Gefangene 24 Tage am Stück in so einer Zelle verbrachten; erlaubt wären maximal drei Tage, ohne dass es dem Justizministerium extra gemeldet werden muss. In einem neuen Teil der Knast-Doku kommt ein Ex-Häftling zu Wort – und hier zeigen wir, wie die Reaktionen auf das Video ausfallen.

    „Ich kann das nicht fassen. Ich habe Jahrelang in Psychiatrien gearbeitet- jemand der in einem Einzelraum eingesperrt ist, benötigt immer Sicht Kontakt mit einer medizinischen Fachkraft. Wieso darf diese JVA dinge, die in Psychiatrien verboten sind? Ich hoffe die Vorwürfe werden ausnahmslos Aufgeklärt & Verantwortliche zur Verantwortung gezogen.“

    Was diese Nutzerin kritisiert, sind die Beschreibungen über die Zustände in den Spezialzellen, den Bunkern, wie sie auch genannt werden. Keine Kleidung. Nur Wasser und Brot. Die Toilette nur ein Loch im Boden. Kaum menschliche Ansprache. In einem anderen Kommentar wird thematisiert, dass die Zustände in Gablingen nicht „normal“ sind für Gefängnisse:

    „Mir fehlen die worte. Hatte über 10 jahre mit vielen gefangenen brieflichen gedankenaustauch. Also so etwas wie ich in sendung über jva gablingen erfahre, habe ich von meinen ehemaligen briefpartnern aus diversen jva‘ s niemals erfahren, gabs nirgendwo in gefängnissen. Gut, wenn bürger mal von wirklich solchen unzumutbaren zuständen in gefängnissen erfahren. Echter hammer gablingen !!! Muß schon sagen so etwas ist ja absolut uuuunglaublich!!!! Mit folter resozialisiert man keinen gefangenen, ganz im gegenteil, ist jedenfalls meine meinung. Die meisten inhaftierten werden ja irgendwann entĺassen, dann sicher erst recht frustiert, eher unverbesserlich, voller hass, suchen sich „draußen“ ventil zur abreagierung des in ihnen angestauten negativen. Solche menschen haben wohl schon „stammzelle“ in einer jva. Wem hilft so etwas ? Weder dem häftling, noch der gesellschaft.“

    JVA-Skandal an die Öffentlichkeit gebracht: Lob für Ärztin

    Was anfangs nur wie vereinzelte Vorfälle daherkam, entpuppte sich schnell als tiefgreifender Skandal im Gefängnis von Augsburg-Gablingen. Eine ehemalige Gefängnisärztin ist im Herbst mit ihren Eindrücken an die Öffentlichkeit gegangen. Seitdem tauchen immer mehr Berichte von ehemaligen Gefangenen auf. Ermittlungen gegen mehrere Beschuldigte laufen, die Gefängnisleiterin und ihre Stellvertreterin wurden vom Dienst suspendiert. Und aus den Dokumenten, die zwischen JVA, Justizministerium und Betroffenen gewechselt wurden, geht hervor, dass der Skandal noch nicht auserzählt ist. Auf Youtube loben viele die Rolle der Medizinerin:

    „Respekt vor der Ärztin die den Mumm hat auszupacken trotz der Konsequenzen die ihr drohen.“ – „Meine Hochachtung vor dieser Ärztin!“ – „Tolle Ärztin. So empathisch.“

    Was das Justizministerium angeht, beziehungsweise dessen Chef – den CSU-Politiker Georg Eisenreich – dazu fallen die Stimmen eher wenig freundlich aus:

    Georg Eisenreich, Staatsminister der Justiz, hat bei einer Pressekonferenz bereits zugestanden, dass er „Fehler bei der Überwachung von Gefängnissen“ erkennen könne.
    Georg Eisenreich, Staatsminister der Justiz, hat bei einer Pressekonferenz bereits zugestanden, dass er „Fehler bei der Überwachung von Gefängnissen“ erkennen könne. Foto: Peter Kneffel, dpa

    „Frage mich was der bayerische Justizminister die ganze Zeit gemacht hat? Solche Missstände muss man erkennen und mitbekommen, wenn man so ein Amt ausführt.“

    Nach Ansicht der bayerischen Opposition hat das Justizministerium die Aufsicht über das Gefängnis sträflich vernachlässigt – „und auf der ganzen Linie versagt“, wie die Landtagsfraktionschefin der Grünen, Katharina Schulze, in einem Statement betont.

    Was Ex-Häftlinge der JVA Gablingen und Betroffene erzählen

    Viele Reaktionen unter dem Knast-Video scheinen von ehemaligen Häftlingen zu kommen, der Bericht über den Skandal scheint sie nicht zu überraschen:

    „Ich war in der JVA Gablingen und dieses Video ist nur die Spitze des Eisbergs.“

    „Ich bin in Gablingen 2021 für Paar Monate in U-Haft gehockt und muss sagen dort geht einiges schief...“

    „Ich war mehr als 1 Jahr in der JVA Gablingen von 2022 an und bin erst vor kurzem raus“, schreibt ein Kommentator, und ergänzt, was in der Doku seiner Meinung nach noch hätte vorkommen sollen: „Der psychische Druck der fehlt hier noch.“

    Auch das Thema Resozialisierung, das in den ersten drei Teilen der AZ-Knast-Doku im Fokus stand, wird in den Kommentaren thematisiert:

    „Habe selber jahrelang hinter Gittern verbracht und immer wenn jemand von der Presse oder TV da war , hat man jemanden ausgesucht wo man auf jeden fall wusste , der würde kein schlechtes Wort sagen über die Justiz . Z.b Menschen für die Gefängnis ein besserer Ort war, weil sie drinnen mehr hatten als draußen. Diese Orte haben nichts mit Resozialisierung zu tun.“

    „Ich war dort in Haft und es war mit Abstand die härteste Zeit in meinem Leben. Keinerlei Angebote für irgendeine Art von Freizeitbeschäftigung. Maximale Soziale Isolation und maximale Überwachung. Es wird verhindert das man in einen Tagesrythmus kommt in dem sich täglich die Zeiten Abwechseln mit Aufschluss, Hofgang, Zellenputz, Kleidertausch usw. ändern. Richtig absurd wo man Gefangenen doch eigentlich einen Rahmen der Stabilität bieten sollte um einen geregelten Tagesablauf zu ermöglichen. In dieser JVA wird auf Resozialisierung ein fetter Haufen Kot gesetzt.“

    Es gibt aber auch Stimmen zu dem Video, die den Vorwürfen widersprechen oder sie zumindest abmildern. Teils stammen sie aber aus einer Zeit, lange bevor die stellvertretende Leiterin nach Gablingen kam – ihr werden die schwersten Verstöße und Missbrauchshandlungen vorgeworfen:

    „Häftlinge haben ca. 10 Wege und Möglichkeiten, sich zu beschweren. Da wird kein Brief abgefangen. Meldung zum Petitionsausschuss., Anstaltsbeirat, Rechtsanwalt, Rechtspfleger, ...... Jeder Häftling kann sich zum Gespräch mit Institutionen ausserhalb des Vollzuges vormelden. Mir muss keiner etwas vormachen, meine Knastjahre haben mich viel gelehrt.“

    „Ich war da selber 2016 in Gablingen inhaftiert, ich kann diese ganzen Aussagen 0% bestätigen. Man muss sich doch auch die frage stellen, wie war das benehmen der Häftlinge! Die Häftlinge erzählen aus ihrer Sicht aber es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Meine Erlebnise waren, wenn man sich an die Regeln gehalten hat, dann hatte man auch Freiheiten usw. genossen. Ich kann gar nicht schlechtes über die Haftbedingungen sagen.“

    „Aus dem Verkehr ziehen“: Harte Kritik an der Gefängnisleitung

    Bereits nach den ersten drei Folgen der Augsburger Allgemeine Original-Knast-Doku fiel die Kritik an der JVA-Leitung recht harsch aus. Sie bezog sich aber vor allem auf das Auftreten von Zoraida Maldonado de Landauer, die das erst 2015 eröffnete Gefängnis in dem Video aus dem Oktober 2023 als „ihr Baby“ bezeichnete und sich stolz auf ihre strenge Führung der Gefangenen zeigte. Die mittlerweile bekannt gewordenen Vorwürfe belasten vor allem ihre Stellvertreterin. Die Kritik zielt aber auf sie beide ab.

    „es kann mir niemand erzählen das jeder völlig empathielos, sich damals schon die doku anschaute, und die mikrogesten und vorallem die eiskalten aussagen einer jva leiterin nicht aufgefallen sind. mir schon und das mehr als unangenehm. man sollte im allgemeinen mehr überprüfen wen man an solche positionen lässt und wie deren untergebenen gestrickt sind. das macht man nur rudimentär und wundert sich dann um die umstände die sich daraus ergeben.“

    „Die Frau gehört aus dem Verkehr gezogen.“

    „Ganz schlimm. Erschütternd und schockierend. Bitte unbedingt die Verantwortliche strengstens zur Verantwortung ziehen.“

    „Ich hoffe, diese Damen werden nie wieder einen Fuß in eine JVA setzen dürfen, und die Beamten werden zur Rechenschaft gezogen.“

    „Wer diese Frau angestellt hat, steht in Mitverantwortung!“

    „So ein Schwachsinn. Ich war 2023 damals Hausarbeiter dort, die stellvertretende war zu damaliger Zeit 2 bis 3 Monate im Dienst und da gab es mehr mals im Monat haftkontrollen wie auch BGH Kontrollen ob alles passt sie kann nicht behaupten sie hätte die Zellen nicht gesehen!“

    Die Kommentare wurden nur für die bessere Verständlichkeit leicht angepasst und geben inhaltlich die Meinung der Nutzerinnen und Nutzer wider – nicht die Haltung der Augsburger Allgemeinen. Selbstverständlich gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung bis zum Abschluss der Ermittlungen bzw. möglicher weiterer rechtlicher Schritte. Mehr als 800 Kommentare wurden bereits unter dem Video gepostet, die jeweiligen Angaben können nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Alle Kommentare finden Sie unter dem Youtube-Video unter azol.de/knast

    Hier geht es zu den ersten drei Folgen der Knast-Doku:

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