Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Lehrermangel: Diese vier Faktoren verschärfen die Personalprobleme an Schulen

Lehrermangel

Diese vier Faktoren verschärfen die Personalprobleme an Schulen

    • |
    Keiner da: Weil Lehrkräfte fehlen, fallen Stunden im Notfall aus, Klassen werden zusammengelegt.
    Keiner da: Weil Lehrkräfte fehlen, fallen Stunden im Notfall aus, Klassen werden zusammengelegt. Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild)

    Julia Reiter ist ein aufschlussreiches Beispiel dafür, was bei der Lehrkräfteversorgung in Bayern schiefläuft. Die Lehrerin ist gerade in Elternzeit, arbeitet sonst an einer bayerischen Mittelschule. An der Schulart also, die von Personallücken besonders betroffen ist. Durch eine andere, fertig ausgebildete Lehrkraft wurde

    Was ihr Fall zeigt: Erstens gibt es genügend ausgebildete Lehrkräfte in Bayern gerade nicht. Zweitens: Mobile Reserven, also Springer-Lehrkräfte, die kurzfristig an Schulen einsetzbar sein sollten, sind oft nicht verfügbar. Drittens: Der Umgang mit schwangeren Lehrerinnen ist ein großes bürokratisches Durcheinander. Verschärft wird all das, viertens, durch den Krankenstand. Unmittelbar nach den Herbstferien fehlten laut Kultusministerium gut fünf Prozent der 156.000 Lehrkräfte wegen Krankheit oder aus anderen Gründen – also etwa 7800.

    Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) spart mit Zahlen zum Lehrkräftemangel.
    Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) spart mit Zahlen zum Lehrkräftemangel. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archivbild)

    Wie viele Stellen von vornherein nicht besetzt sind, dazu gibt das Ministerium keine Zahlen heraus. „Aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen in diesem Schuljahr – Corona-Erkrankungen, Ukraine-Flüchtlinge etc. – ist die Personalbewirtschaftung weiterhin von einer hohen Dynamik geprägt“, schreibt ein Münchner Sprecher per Mail. Zum Schulstart im September hatte Freie-Wähler-Minister Michael Piazolo gesagt, „ein paar hundert Verträge“ seien offen – gerade in ländlichen Regionen.

    Lehrermangel ist je nach Region unterschiedlich groß

    Die Personallage ist je nach Region tatsächlich sehr unterschiedlich und ändert sich von Woche zu Woche. Während es etwa im Kreis Aichach-Friedberg zuletzt nicht genügend mobile Lehrerreserven gab, um alle Ausfälle zu kompensieren, kann Bertram Hörtensteiner, Fachlicher Leiter des Schulamts Unterallgäu/Memmingen, nicht klagen. Er berichtet, dass in seinem Zuständigkeitsbereich zuletzt noch 20 Prozent der mobilen Reserven für eine Vertretung zur Verfügung standen – eine fast luxuriöse Situation. Vor den Herbstferien aber hatte es auch im Personen, die keine Lehramtsqualifikation haben.“ Auch diese Aushilfskräfte – Lehramtsstudierende mit erstem Staatsexamen etwa – können Hörtensteiner zufolge guten Unterricht machen. Ohne sie sähe es an Schulen düster aus.

    Hin und wieder lernen Schüler nun wieder zu Hause.
    Hin und wieder lernen Schüler nun wieder zu Hause. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Seit 4. Oktober dürfen theoretisch auch schwangere Lehrerinnen wieder im Präsenzunterricht arbeiten. Vorher hatte ein Betretungsverbot von dem Tag an gegolten, an dem die Frauen ihre Schwangerschaft öffentlich machten. Zu Beginn des Schuljahres waren rund 2900 Lehrerinnen schwanger. Manche würden gern zurück an die Schule, doch es scheitert an hohen Auflagen – etwa, weil Abstandsgebote nicht eingehalten werden können. Bernhard Stegmann, Schulleiter des Holbein-Gymnasiums in der Augsburger Innenstadt, erklärt es so: „Für den Schulbetrieb an einem großen Gymnasium, das in unserem Fall auch von Raumnot und Enge betroffen ist, ist manches davon nur ganz schwer umsetzbar. Aus diesem Grund kann ich Schwangere sehr gut verstehen, die aktuell nicht an die

    Schwangere an Schulen brauchen Sicherheit

    Wie riskant ist eine Rückkehr an die Schule aus medizinischer Sicht? „Nach bisherigen Erkenntnissen haben Schwangere kein erhöhtes Ansteckungsrisiko“, sagt Dr. Uta Ochmann, Fachärztin für Arbeitsmedizin und Leiterin der Stabsstelle des Betriebsärztlichen Dienstes am LMU Klinikum München. „Sars-CoV-2-Infektionen mit der seit Januar 2022 dominanten Omikron-Variante verlaufen im Allgemeinen und vor allem bei Geimpften vergleichsweise mild, häufig auch asymptomatisch. Dies gilt auch für Schwangere.“ Wenn eine Frau ihrem Arbeitgeber – also etwa der Schule – ihre Schwangerschaft mitteilt, dann müsse er nach dem Mutterschutzgesetz für sie eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung durchführen. Individuelle Lösungen wie etwa der stundenweise Wechsel zwischen Klassenunterricht, Einzelförderung sowie Verwaltungstätigkeiten könnten der Schwangeren mehr Flexibilität für kurze Arbeitsunterbrechungen geben. Nur: Der Planungsaufwand dafür ist groß – und die Sorge vieler Schwangerer offenbar auch.

    Julia Reiter, die Mittelschullehrerin, versteht jede werdende Mutter, die gerade lieber nicht unterrichtet. Und sie weiß, was ihre Kolleginnen und Kollegen leisten, um Kindern trotz allem etwas beizubringen. Sie selbst überlegt nun, in ihrer Rolle als Mutter etwas gegen die Probleme an Schulen zu tun. „Ich glaube, die Eltern müssen aktiv werden.“ Unterschriften sammeln, vor dem Kultusministerium demonstrieren: „Selbst wenn sich kurzfristig nichts ändert: Zu verlieren haben wir nichts.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden