Die Ankündigung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Lehrkräfte auch aus anderen Bundesländern abwerben zu wollen, hat in Baden-Württemberg und Thüringen für Verstimmung gesorgt.
„Bisher war es Konsens in der Kultusministerkonferenz, dass wir einen fairen Wettbewerb haben und uns nicht gegenseitig die Lehrkräfte abspenstig machen oder große Abwerbungskampagnen fahren“, sagte Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) der Südwest Presse. Auch Thüringens Bildungsminister Helmut Holter hatte die Ankündigung Söders kritisiert. Bayern drohe eine Abwerbespirale in Gang zu setzen, „die keines der gemeinsamen Probleme löst“, sagte der Linken-Politiker. „Die Bekämpfung des deutschlandweiten Lehrermangels muss eine Gemeinschaftsaufgabe der Länder und des Bundes sein, und auch Bayern sollte sich daran beteiligen“, sagte Holter. Söder hatte Mitte vergangener Woche angekündigt, dass Bayern auch Pädagogen und Pädagoginnen aus anderen Ländern abwerben wolle, um den eigenen Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern zu decken. Dazu werde Bayern deutlich machen, dass Lehrer hier zum Teil besser bezahlt würden als in anderen Ländern. Zudem kündigte er an, ein Paket für Start- und Umzugshilfe auflegen zu wollen.e
Gotthardt: Auch andere Länder werben Lehrer ab
Unterstützung für seinen Vorschlag erhielt der Ministerpräsident vom Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung und Kultus im Bayerischen Landtag, Tobias Gotthardt (Freie Wähler). Die Kritik des linken Kultusministers aus Thüringen und anderer Amtskollegen an dem Vorstoß irritiere sehr, teilte Gotthardt in München mit.
Jenseits aller Absprachen würden viele Bundesländer in den grenzenlos abrufbaren sozialen Medien „teils massiv“ um Lehrkräfte für ihren Standort werben. „Allen voran Mecklenburg-Vorpommern seit 2014, aber auch Sachsen, NRW, Baden-Württemberg, Thüringen und andere.“ Bayern werde – anders als von Holter behauptet – nicht vorrangig mit seiner Bezahlung werben. Dem stünden teils deutlich höhere Lebenshaltungskosten im Freistaat entgegen.
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) machte am Freitag wiederum deutlich, dass er dem Lehrermangel künftig vor allem mit mehr Quereinsteigern begegnen möchte. Das Kultusministerium will die Möglichkeiten zum Quereinstieg an Mittel- und Förderschulen sowie für bestimmte Fächer an Realschulen, Gymnasien und Berufsschulen ab dem kommenden Schuljahr ausweiten. „Wir gestalten die Wege ins Lehramt deutlich flexibler als bisher“, sagte der Minister.
Die Freien Wähler hatten zudem vorgeschlagen, das Lehramtsstudium zu reformieren. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Fabian Mehring sagte unserer Redaktion: „Wir halten es für sinnvoll, dass alle angehenden Lehrkräfte zwei oder drei Semester zusammen studieren und sich dann – je nach Schulart – entweder für eine fachliche Vertiefung oder ein vorwiegend pädagogisches Studium entscheiden.“
Die Idee rief viel Zustimmung hervor, etwa von den Lehrerverbänden KEG und BLLV, die darin eine Chance sehen, flexibler auf den Lehrkräftebedarf an den einzelnen Schularten zu reagieren, aber auch deutliche Kritik: Der Vorschlag gefährde Bayerns Spitzenposition in der Bildung, warnte Michael Schwägerl vom Philologenverband (bpv). Auch eine Teil-Vereinheitlichung des Lehramtsstudiums ist nach Auffassung des bpv „ein Schritt hin zum Einheitslehrer“. Lehrkräfte an Realschulen und Gymnasien sehen dadurch die fachliche Qualität ihrer Schularten bedroht. (dpa, sari)