Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband bezweifelt, dass die von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) angekündigte Grundschulreform personell umsetzbar ist. Schon heute falle an den Grundschulen mangels Personal oft etwa der Förderunterricht aus, klagt BLLV-Verbandspräsidentin Simone Fleischmann: "Und im Notprogramm kann kein Unterrichtsfach aufgestockt werden."
Stolz will zusätzliche Deutsch- und Mathematikstunden in den Grundschulen einführen. Zudem soll es vor der Einschulung einen verpflichtenden Deutschtest geben. Mit welchem Personal diese Zusatzaufgaben geleistet werden sollen, lässt die Ministerin bislang offen. Dabei müsse schon jetzt zur Aufrechterhaltung des Unterrichts ständig improvisiert werden, berichtet etwa Sabrina Neckov, Schulleiterin der Friedrich-Rückert-Grundschule in Schweinfurt: "Ich hatte seit September keine einzige Woche, in der alle Lehrer da waren." Es gelte ständig Lücken zu füllen. Dabei bleibe die Brennpunkt-Schule mit 95 Prozent Migrationsanteil und rund 25 Prozent sonderpädagogischem Förderbedarf jedoch auf sich alleine gestellt: "Wir fragen gar nicht mehr nach der mobilen Reserve, weil es keine gibt", berichtet Neckov mit Blick auf mögliche Ersatzlehrkräfte.
Stolz hatte ihren Grundschulumbau unter anderem wegen der schlechten Ergebnisse aus der neuesten Pisa-Studie vorangetrieben. Die deutschen 15-Jährigen hatten in der internationalen Untersuchung im Lesen, bei Mathematik und Naturwissenschaften so schlecht abgeschnitten wie nie zuvor. Allerdings möchte Stolz die Stundentafel nicht ausweiten, sondern andere Stunden zugunsten des Mathe- und Deutschunterrichts streichen. Welche, das möchte die Ministerin noch im Februar verkünden.
Lehrermangel wurde auch durch Mehrarbeit eingedämmt
Beim Lehrerverband löst das Wort Reform jedoch Argwohn aus. Die große Frage ist, was mehr Stunden in den Kernkompetenzen nützen, wenn nicht gesichert ist, dass jemand sie halten kann. Zwar weise die offizielle Statistik nur 0,9 Prozent Unterrichtsausfall in Bayern aus. Reale Vertretungspläne aus Grundschulen zeigen laut BLLV jedoch, dass die Anzahl der Unterrichtsstunden, die gestrichen werden, in denen Ersatzlehrkräfte zum Einsatz kommen oder Klassen zusammengefasst werden müssen, oft bei sieben bis zehn Prozent liegt.
Die Lösung des Lehrermangels sieht Fleischmann etwa in der Rücknahme der 2019 beschlossenen Mehrarbeit für Bayerns Grund- und Mittelschullehrkräfte: "Dies wäre ein Signal, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen", findet sie. Denn der Lehrerberuf brauche "mittelfristig attraktive Rahmenbedingungen".