Die Lehrerbedarfprognose gilt als eine Art Bilanzprüfung beim Kultusministerium. Einmal im Jahr legt die Behörde von Ministerin Anna Stolz (Freie Wähler) ihre Zahlen offen. Die neue Prognose nun bestätigt alte Befürchtungen mit Blick auf den Lehrkräftemangel. Am meisten leidet die Mittelschule unter Personalnot.
Dort zeichne sich aufgrund rückläufiger Studienanfängerzahlen ein dauerhafter Mangel an ausgebildeten Lehramtsabsolventen ab, heißt es in der Prognose. Hinzu kommt, dass neben Pädagogen, die das Rentenalter erreichen, auch Lehrkräfte aus Realschule und Gymnasium wieder zurück an ihre eigentliche Schulart wechseln. Sie waren nur vorübergehend an Mittelschulen im Einsatz. Noch dazu steigen die Schülerzahlen, unter anderem durch Migrationsbewegungen. Dieses Jahr etwa ist der Bedarf an ausgebildeten Lehrkräften mit 1560 mehr als doppelt so hoch wie das Angebot (720). Der Freistaat setzt daher auf mehrere hundert Quereinsteiger, die zu Lehrkräften ausgebildet werden. Wie an anderen Schularten auch stellen die Schulämter kontinuierlich Zeitverträge für sogenannte Drittkräfte aus – zum Beispiel an Studierende und Pensionäre, die im Unterricht aushelfen.
Lehrer an Förderschulen unterrichten oft mit Aushilfsverträgen
An Grundschulen gleichen sich Personalbedarf und die Zahl der vorhandenen Fachkräfte mehr und mehr an – allerdings auch deshalb, weil die bisherigen Grundschullehrer seit 2020 eine Stunde mehr unterrichten und ihre Teilzeit einschränken mussten. Weil mehr Kinder in die Schule kommen, bleiben zwar im Herbst noch Stellen offen. Die Statistiker gehen aber davon aus, dass „ab dem Schuljahr 2025/26 der Bedarf an Lehrkräften vollständig und dauerhaft gedeckt werden“ kann – auch, weil die Studienplätze für Grundschullehramt zuletzt vervielfacht wurden. An den Förderschulen gibt es laut Ministerium eine „gegenwärtig sehr hohe Anzahl an Aushilfsverträgen“. Bis zum Schuljahr 2028 liegt die Zahl der offenen Stellen noch leicht über denen der verfügbaren fertig ausgebildeten Lehrkräfte – nächstes Jahr zum Beispiel treffen 450 Bewerber auf 490 offene Stellen.
Die Realschulen werden in den nächsten Jahren den Mangel verwalten – allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß als die Mittelschulen. Bis zum Jahr 2033 fehlen dort jährlich zwischen 40 und rund 200 fertig studierte Lehrkräfte. Der Realschullehrerverband betont aber, dass die Unterrichtsversorgung „vorerst gesichert“ ist. Zum Ende des vergangenen Schuljahres kritisierte dessen Vorsitzender Ulrich Babl angesichts der angespannten Lage „die zeitaufwendige Umsetzung der Verfassungsviertelstunde und die Planung, Einführung sowie Begleitung der 1:1-Ausstattung mit mobilen Endgeräten“, die der Freistaat plant.
Jede zweite Lehrkraft am Gymnasium arbeitet Teilzeit
An den beruflichen Schulen besteht weiterhin eine Unterversorgung in bestimmten Fächern, etwa Elektrotechnik und IT. Am Gymnasium kommt es im Jahr 2025 zu einer einmaligen Sondersituation: Weil wegen der Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium erstmals Schüler die zusätzliche Jahrgangsstufe 13 erreichen, werden doppelt so viele neue Lehrkräfte gebraucht als sonst: mehr als 3000 statt sonst etwa 1500. Doch nur 1770 stehen zur Verfügung. Michael Schwägerl, Vorsitzender des Philologenverbands, hofft daher, dass Teilzeitkräfte freiwillig ihre Stunden aufstocken. Dafür brauche es aber Entlastungen an anderer Stelle, so Schwägerl – etwa durch finanzielle Anreize oder weniger Bürokratie. Etwa die Hälfte der Gymnasiallehrkräfte in Bayern arbeitete laut einer Befragung im Jahr 2022 Teilzeit. Im kommenden Schuljahr sind Gymnasien Schwägerl zufolge „noch recht gut versorgt“.
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