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Landtagswahl: Warum muss Kultusminister Piazolo gehen?

Landtagswahl

Warum muss Kultusminister Piazolo gehen?

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    Wo geht er hin? Michael Piazolo (Freie Wähler) muss überraschend aus dem Kultusministerium ausziehen.
    Wo geht er hin? Michael Piazolo (Freie Wähler) muss überraschend aus dem Kultusministerium ausziehen. Foto: Sven Hoppe, dpa (Archivfoto)

    Ein bisschen klang es nach Abschied, als Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) kurz vor dem Schulstart im September vor die Presse trat. Vordergründig stellte er die Eckpunkte des neuen Schuljahres vor, blickte aber auch zurück auf seine Amtszeit, die geprägt war von Corona-Krise und Distanzunterricht, der nötigen Turbo-Digitalisierung der Schulen und vom Ukraine-Krieg. Piazolo klang zufrieden. Und trotz der bilanzierenden Worte sagte der 64-Jährige, dass er gerne weitermachen würde als Minister. Der Wunsch erfüllte sich nicht. Anna Stolz, 40, bisher Piazolos Staatssekretärin, wird seine Nachfolgerin. Dem Vernehmen nach hatten selbst Fraktionsmitglieder noch bis Dienstag fest damit gerechnet, dass Piazolo weitermachen wird – oder darf. Am Donnerstagmorgen verkündete Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger es anders. Sein langjähriger Begleiter – Piazolo war bis 2019 neun Jahre lang Aiwangers Generalsekretär – scheidet nach fünf Jahren aus der Staatsregierung aus. 

    Wer in den politischen Betrieb hineinhört, stößt auf mehrere mögliche Gründe. Die Rede ist vom Wunsch, eine neue Politikergeneration ins Kabinett zu holen, von der Sehnsucht nach einem zupackenderen Stil. Die häufigste Vermutung – und vielleicht auch die bitterste sowohl für Piazolo als auch für seine Nachfolgerin: Unter den Ministern der Freien Wähler hätte sonst eine Frau gefehlt. Zwar war auch die frühere Europaabgeordnete Ulrike Müller aus dem Allgäu immer wieder als mögliche Ministerin genannt worden. Müller aber gilt als Landwirtschaftsspezialistin, und dieses Ministerium wollte die CSU auf keinen Fall aus der Hand geben. Zudem ist Schwaben mit dem Meitinger Fabian Mehring als Digitalminister schon im Kabinett vertreten. 

    "Entscheidung überraschend": Piazolo nicht mehr bayerischer Kultusminister

    Der Münchner Piazolo verhehlt nicht, dass die Entscheidung für ihn unerwartet fiel: "Insgesamt war die Entscheidung für mich schon überraschend." Das Amt mit einer Frau zu besetzen, sei sinnvoll, so Piazolo weiter, "ich war immer jemand, der gesagt hat, Frauen müsse man fördern – und dass wir Freien Wähler das noch viel zu wenig tun."

    Auf seine Amtszeit blickt er im Gespräch mit unserer Redaktion mit einem guten Gefühl zurück: "Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Bei der Digitalisierung haben wir unsere Ziele übererfüllt. Wir haben das G9 geräuschlos weiterentwickelt bis zur Oberstufe. Wir haben die Besoldungsstufe A13 für alle Lehrkräfte erreicht, dafür habe ich viele Jahre gekämpft."

    Bald Ressort-Chefin: Anna Stolz, Freie-Wähler-Politikerin aus Unterfranken.
    Bald Ressort-Chefin: Anna Stolz, Freie-Wähler-Politikerin aus Unterfranken. Foto: Thomas Obermeier

    Kampfeswillen und Durchsetzungsfähigkeit haben manche im Schulbetrieb beim Minister vermisst. Gerade in der Corona-Pandemie wurde oft beklagt, dass Entscheidungen zu kurzfristig mitgeteilt und die Schulen so in die Bredouille gestürzt wurden. Auch seine zurückhaltenden Äußerungen zum Ausmaß des Lehrkräftemangels trieb vielen anderen den Puls in die Höhe. Je ruhiger und abwägender Piazolo, desto aufgebrachter die Schulfamilie, so schien es manchmal. Wählerinnen und Wählern, auf die sein polternder Parteichef abschreckend wirkt, gilt der Professor der Politikwissenschaft hingegen als wohltuend diplomatischer Gegenpol. Piazolo, Opernfan und Buchautor, verkörpert den städtischen Intellektuellen in einer Partei, die ihre Erfolge fast ausschließlich auf dem Land sammelt. 

    Michael Piazolo sieht sich in der Großstadtpolitik

    Die Juristin Anna Stolz kommt aus der Gemeindepolitik, war früher Bürgermeisterin der unterfränkischen 8200-Einwohner-Stadt Arnstein. Als Staatssekretärin blieb sie öffentlich weitgehend unsichtbar. Im Hintergrund kümmerte sie sich unter anderem um die Belange der Privatschulen – und hat sich dort den Ruf einer ambitionierten Politikerin erarbeitet, kompetent und im Auftreten ganz anders als ihr bisheriger Chef. 

    Wie geht es politisch weiter für Michael Piazolo? Eines kündigt er jetzt schon an: "Ich werde mit Sicherheit nicht in den Bildungsausschuss gehen. Ich werde meiner Nachfolgerin nicht reinreden, jeder von uns beiden hat eigene Schwerpunkte und einen eigenen Stil." Sehr wahrscheinlich, dass Piazolo seine städtische Herkunft künftig gezielt in der Landespolitik einsetzt. "Ich bin der einzige Großstädter unter 37 Freie-Wähler-Abgeordneten. Wir sind sehr stark im ländlichen Raum verankert, jetzt so stark wie noch nie. Gleichzeitig ist die Großstadt ein so großes Politikfeld, verkehrspolitisch etwa, oder bei der Migration. Ich sehe es als meine Aufgabe, in dieser Hinsicht etwas zu bewirken."

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