Wenn die laufende Woche endet, werden allein in Schwaben wieder rund 170 weitere Geflüchtete eine Unterkunft brauchen. So viele kommen durchschnittlich pro Woche im Regierungsbezirk an. Die Kommunen flehen um Hilfe, ihnen gehen die Schlaf- und Wohnplätze für die Menschen aus. Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, fordert deshalb, dass der Freistaat landeseigene Immobilien freigibt. "Man muss analysieren: Welche landeseigenen Immobilien können zur Unterbringung genutzt werden? Wie viele Flächen haben wir? Wie viele können wir bereitstellen, damit eine Kommune etwa mit Containerbauweise Unterkünfte aufstellen kann?", sagte die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl bei einem Besuch in unserer Redaktion. Schulze fordert, die Kommunen finanziell und mit Personal zu unterstützen, beispielsweise mit mehr Integrationslotsen. Noch gibt es pro Kommune einen solchen Lotsen, der etwa Ehrenamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten berät.
Die Grünen wollen den wirtschaftsstandort Bayern erhalten
Natürlich wird der Umgang mit Geflüchteten den Wahlkampf aller Parteien prägen. Die Grünen gehen darüber hinaus mit drei großen Themen ins Rennen: Die Energiewende nennt Schulze ein "Megaprojekt": "Unser großes Ziel ist es, den starken Wirtschaftsstandort Bayern zu erhalten. Wir brauchen gute Arbeitsplätze, Innovation. Dafür ist die sichere Versorgung mit bezahlbarer Energie essenziell. Die Menschen brauchen bezahlbaren Strom, die Unternehmen brauchen Strom, um zu produzieren. Die Kommunen verdienen Geld, wenn sie in nachhaltige Energien investieren. Sie können damit ihre Schwimmbäder und Schulen sanieren."
Als Wahlkampfthema Nummer zwei nennt Schulze die "Sorge-Krise" und meint damit vor allem den Personalmangel in pädagogischen und Pflegeberufen. Den Lehrkräftemangel in Bayern gesteht mittlerweile auch die Staatsregierung ein, will mit Quereinsteigern und Lehrern aus anderen Bundesländern gegensteuern. Zudem fehlen im Freistaat 62.000 Kitaplätze. "Die Fördergelder aus dem neuen Kita-Qualitätsgesetz der Bundesregierung benutzt die Söder-Regierung zum Großteil für die einkommensunabhängige Gebührenentlastung", kritisierte Schulze. "Das Geld sollte lieber in den Ausbau der Qualität und in bessere Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher fließen. Wenn wir die nicht haben, bricht uns das ganze System zusammen."
Gerade erst haben Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzesvorschlag in den Landtag eingebracht: das Hälfte-der-Macht-Gesetz. Ihr Ziel ist es, die Plätze im Parlament paritätisch zwischen den Geschlechtern aufzuteilen. Denn bislang sind weniger als 30 Prozent der Abgeordneten Frauen. "Mein erklärtes Ziel ist, Bayern zum ersten gleichberechtigten Bundesland in Deutschland zu machen", erklärte Schulze. "Wir richten den Fokus auf die, die bisher nicht im Zentrum der Staatsregierungs-Politik standen. Das sind Familien, Kinder und Frauen. Gerade letztere sind es, die alles ausbalancieren, die früher aus der Arbeit aufbrechen, wenn die Kita ausfällt. Sie reduzieren die Arbeitszeit, wenn der pflegebedürftige Schwiegervater keinen Pflegeplatz bekommt. Die Kompetenz von Frauen geht dem Arbeitsmarkt verloren. Das finde ich im Jahr 2023 eine himmelschreiende Ungerechtigkeit."
Nach der Landtagswahl wollen die Grünen mitregieren
Dass die Grünen ab Herbst mitregieren wollen, daran ließ Schulze keinen Zweifel. Im Bayern-Monitor unserer Redaktion lag ihre Partei zuletzt auf Platz zwei in Bayern. 18 Prozent der Wählerinnen und Wähler würden den Grünen bei der Landtagswahl ihre Stimme geben. Die CSU lag bei 39 Prozent, die Freien Wähler bei zwölf. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine Koalition mit den Grünen bereits ziemlich deutlich ausgeschlossen. Doch der schwäbische Abgeordnete Max Deisenhofer setzt auf ein eindeutiges Wählervotum: "Nicht Söder entscheidet das, sondern die Wählerinnen und Wähler. Wir müssen es schaffen, dass man an uns bei der Regierungsbildung einfach nicht vorbeikommt."
Ein drittes "Megathema", mit dem die Grünen daher am 8. Oktober punkten wollen, ist der Klimaschutz: "Wir brauchen die Elektrifizierung der Bahnstrecken, Ausbau von Bus und Bahn, Ladesäuleninfrastruktur für E-Autos", sagte Katharina Schulze. Deisenhofer ergänzte den Kampf gegen den Flächenverbrauch: "Im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern steht, man wolle beim Flächenverbrauch freiwillig darauf hinarbeiten, maximal fünf Hektar am Tag zu verbauen." Aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts zufolge werden derzeit täglich mehr als zehn Hektar versiegelt, das entspricht 14 Fußballfeldern. "Beim Flächenverbrauch umzudenken", so Deisenhofer, "bewahrt unsere Heimat und schützt die Schöpfung."