Nach mehr als 20 Jahren werden die Grünen im bayerischen Landtag in der neuen Legislaturperiode erstmals nicht mehr von einer Doppelspitze angeführt. Alleinige Vorsitzende ist ab sofort Katharina Schulze. Die 32 Abgeordneten stimmten am Dienstag bei der Fraktionsklausur bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung für Schulze und damit für den Abschied von der seit 2000/2001 üblichen Doppelfraktionsspitze. Als Fraktionsvize soll Johannes Becher Schulze "den Rücken freihalten, nach innen wirken und die politische Konkurrenz inhaltlich stellen", wie es hieß.
Der bisherige Co-Fraktionschef Ludwig Hartmann hatte nicht mehr für die Wahl als Vorsitzender kandidiert und die Neuaufstellung vorgeschlagen. Er selbst strebt das Amt des Vizepräsidenten des bayerischen Landtags an. "Wir gestalten das Amt des Landtagsvizepräsidenten neu: Als eine Kraft, die auf Versöhnung setzt. Als eine Kraft, die den gesellschaftlichen Konflikten ein Forum gibt und sie mit Umsicht moderiert", sagte er nach der Wahl. Es sei ihm eine Ehre, dieses Amt in der neuen Legislaturperiode zu gestalten. Nach zehn Jahren als Fraktionschef wolle er sich nun "auf allen Ebenen" für den Zusammenhalt der Gesellschaft einsetzen.
Schulze sagte: "Ich bin bereit, anzupacken und die mir angetragene Verantwortung und strategische Führung in der Fraktion zu übernehmen. In Zeiten, in denen viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert sind, will ich den Menschen Richtung und Halt geben und konkrete Lösungen für die Zukunft unseres Landes einbringen."
Hartmann und Schulze hatten die Fraktion seit 2017 als Duo angeführt, zuvor hatte Hartmann sich die Doppelspitze mit Margarete Bause geteilt. Die Grünen mussten bei der Wahl am 8. Oktober deutliche Stimmverluste hinnehmen und erreichten nur noch 14,4 Prozent (2018: 17,6). Damit verkleinerte sich nicht nur die Fraktion auf nunmehr 32 Abgeordnete, dank der Zugewinne von Freien Wählern und AfD ist die Partei nach dem vorläufigen Endergebnis auch nur noch viertstärkste Kraft im Landtag.
Dem Vernehmen nach ist die Neuaufstellung eine direkte Reaktion auf die neue Situation der Grünen nach der Wahl. Mit der Fokussierung auf Schulze, die mit Abstand bekannteste bayerische Landtagsgrüne auch außerhalb des Freistaats, dürfte das Ziel verbunden sein, sie für die Wahl 2028 in eine möglichst aussichtsreiche Position zu bringen. Anders als bei einer Doppelspitze üblich gehört ihr künftig die alleinige Aufmerksamkeit - nicht nur in den Medien.
(dpa)