Viel zu spät und falsche Schwerpunkte: Kurz vor der ersten Landtagsberatung des Doppelhaushalts 2024/25 hagelt es massive Kritik von Grünen, SPD und Umweltverbänden an der Aufstellung des 149 Milliarden Euro schweren Etatplans. "Am schlimmsten ist, dass der Haushalt heuer so spät kommt", sagte die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Claudia Köhler, mit Blick auf die am Dienstag terminierte erste Lesung des Haushaltsgesetzes im Plenum. Die zweite Lesung und damit die Verabschiedung könne nun erst im Juni erfolgen, weshalb alle neuen Projekte, alle neuen Mittel und Aufwüchse, etwa bei neu geschaffenen Stellen, bis dahin warten müssten. "Das ist unverantwortlich in diesen schweren Zeiten."
Auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Volkmar Halbleib, findet drastische Worte: "Leider hat die Staatsregierung den Haushaltsentwurf so spät wie noch nie vorgelegt und damit besonders krass gegen die Vorgaben der Bayerischen Haushaltsordnung verstoßen."
Finanzminister Albert Füracker (CSU) wies die Kritik zurück: "Die Aufstellung des Doppelhaushalts war aus verständlichen Gründen erst nach der Landtagswahl und dem Abschluss eines Koalitionsvertrags sinnvoll möglich." Nun liege er zur parlamentarischen Beratung im Landtag - "über den Zeitplan entscheidet allein der Bayerische Landtag. Wir sind für eine schnellere Behandlung absolut offen." Auch die Kritik an den Schwerpunkten sei unberechtigt: "Wir haben eine einzigartige Investitionsquote von über 15 Prozent - und die finanzieren wir komplett ohne neue Schulden, statt - wie es die Grünen immer fordern - den nächsten Generationen Schuldenberge zu hinterlassen."
Köhler kritisierte: "Ein Haushalt, der viel zu spät kommt, ohne Weitblick zusammengeschustert wurde und das Geld für Bestandserhalt und Pfründe rauswirft. Wir müssen in die Zukunft investieren und den Menschen in Bayern ein bezahlbares Leben sichern." Der Doppelhaushalt sei nur ein "Zusammenkratzen der letzten Reste", um Wahlversprechen zu erfüllen.
Dafür hätten CSU und Freie Wähler - so die Sicht der Grünen - fünf Milliarden Euro aus der Rücklage geplündert, nur eine Milliarde bleibe Reserve. "Die Söder-Regierung geht also ans Tafelsilber. Für das Haushaltsvolumen von 149 Milliarden Euro wird wenig Nachhaltiges auf den Weg gebracht", so Köhler. In der Praxis sei das Gegenteil der Fall. "Die mickrigen Mittel für die Geothermie (7,5 Millionen Euro) werden auf 5 Millionen Euro gekürzt, die sozialen Träger für die Kinderbetreuung, Ganztagsbetreuung in der Schule warten weiter auf eine auskömmliche Finanzierung. (Ministerpräsident) Markus Söder (CSU) kürzt an der Zukunft."
Als Beispiele verwiesen die Grünen auf die Wohnraumförderung, die im Haushaltsentwurf nicht den Ankündigungen des Koalitionsvertrags entspreche und die versprochene Wohnbaumilliarde nicht erreiche. Von den veranschlagten 885 Millionen Euro seien zudem 490 Millionen Euro Bundesmittel. Anders als versprochen gebe es auch bei den Mitteln zur Förderung kommunaler Schwimmbäder eine Halbierung von 20 auf 10 Millionen Euro und von der Einführung des zweckgebundenen Wassercents sei im Haushalt auch noch keine Rede.
Die Kritik will die Staatsregierung nicht auf sich sitzen lassen: So verwies Füracker bei den Schwimmbädern auf weitere 20 Millionen Euro, die "fest reserviert" seien, um alle Maßnahmen bedarfsgerecht fördern zu können. Bauminister Christian Bernreiter (CSU) wies auch die Kritik an der Baumilliarde zurück: Zu den 885 Millionen Euro müssten auch 150 Millionen Euro zur kommunalen Wohnraumförderung, 38 Millionen Euro zur Förderung des Studierendenwohnraums und das sogenannte Bayern-Darlehen von 87,7 Millionen Euro hinzugerechnet werden. In Summe seien dies mehr als 1,1 Milliarden Euro.
"Markus Söder in seiner besten Rolle als Ankündiger von Wohltaten mit großem Getöse und dann als Versprechen-Brecher", betonte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze.
In eine andere Kerbe schlägt der Bund Naturschutz mit seiner Kritik: "In Anbetracht der großen Herausforderungen im Natur- und Umweltschutz sind wir in Sorge, dass über die Laufzeit des Doppelhaushalts die Haushaltssummen nicht ausreichend sind, um den Worten der Regierungserklärungen auch Taten folgen zu lassen", sagte Landeschef Richard Mergner. Die Staatsregierung habe sich mit der Klimaneutralität 2024 oder der Umsetzung des Volksbegehrens Artenvielfalt viel vorgenommen, was auch finanziert werden müsse.
Kritikwürdig ist aus Sicht der Grünen auch die laut Haushaltsentwurf geplante Erhöhung der sogenannten Fraktionsreserve von 70 (2023) auf je 100 Millionen Euro für 2024 und 2025 - immerhin ein Plus von 43 Prozent. Dahinter verbirgt sich ein Budget, über das die Regierungsfraktionen in Eigenregie verfügen können. "Dieses Spielgeld für Abgeordnete der Regierungsfraktionen ist in eh schon schwierigen Zeiten absolut unanständig", sagte Schulze. Die 100 Millionen Euro müssten stattdessen den Kommunen als Soforthilfe gegeben werden. "Für die maroden Schulen, für Kindergärten, für Schwimmbäder, für Jugendzentren usw. So kommt das Geld direkt bei den Menschen an."
(dpa)