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Ministerpräsident: 5000 Verwaltungsstellen streichen, Lehrer-Teilzeit eindämmen

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5000 Verwaltungsstellen streichen, Lehrer-Teilzeit eindämmen

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    Markus Söder (2.v.l.), bayerischer Ministerpräsident, nimmt an der Kabinettssitzung teil.
    Markus Söder (2.v.l.), bayerischer Ministerpräsident, nimmt an der Kabinettssitzung teil. Foto: Tobias Hase, dpa

    Als Konsequenz aus der enger gewordenen Finanzlage hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Abbau mehrerer Tausend Stellen in der Verwaltung in Aussicht gestellt. Gleichzeitig will Söder angesichts des Lehrermangels den Druck auf Lehrerinnen und Lehrer erhöhen, weniger in Teilzeit zu arbeiten. Von Gewerkschaften und Lehrerverbänden kam umgehend scharfer Widerspruch.

    "Bis 2035 könnten insgesamt bis zu 5000 Stellen eingespart werden", sagte Söder vor der am Montag beginnenden CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz dem "Münchner Merkur". "Dies ergibt sich durch den Abbau von Bürokratie, weniger Gesetze und vor allem den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung." Nach einer Kabinettssitzung betonte er, einsparen bedeute nicht, dass man jemanden entlasse, sondern dass man Stellen nicht wieder besetze. Und: Seit 2018 habe man 20.000 neue Stellen aufgebaut. Im neuen Doppelhaushalt seien es wohl wieder 5000 mehr. Wenn man Stellen aufbaue, müsse man langfristig aber auch Sparpotenziale ausloten.

    An geplanten Stellenzuwächsen bei Lehrern und Polizisten will Söder jedoch festhalten. "Wir achten auch auf neue Stellen. Natürlich kommt der versprochene Aufbau bei Polizei und Lehrern. Das braucht Bayern", sagte er. Bis 2028 sollen laut Koalitionsvertrag allein im Schulbereich 9000 neue Stellen geschaffen werden, darunter 6000 neue Lehrerstellen und 3000 neue Stellen etwa für Verwaltungsangestellte, Sozialpädagogen und Schulpsychologen. Und die Gesamtmitarbeiterzahl der Polizei soll bis 2028 um 2000 auf über 47.000 Stellen anwachsen.

    "Unser Land soll noch sicherer und noch innovativer werden. Daher braucht es die angekündigte Stärkung bei Polizei, Justiz und Bildung", sagte Söder. "Aber in anderen Bereichen der Verwaltung bieten KI und Digitalisierung echte Chancen. Wir wollen deshalb einen Prozess aufsetzen, um die Verwaltung schlanker zu machen."

    Die oppositionelle SPD forderte Söder auf, die Abbauziele konkret zu benennen. "Markus Söder muss jetzt sagen, wo er welche Stellen streichen will", sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Er schlug unter anderem vor, entschlossener im Kampf gegen die Steuerhinterziehung in Bayern vorzugehen. "Dabei geht es um Milliarden, die wir für Investitionen und Bildung dringend brauchen", betonte von Brunn.

    An den Schulen kämpft auch Bayern gegen einen wachsenden Lehrermangel - offenbar bisher mit begrenztem Erfolg. Deshalb könnte nun der Druck auf Lehrer erhöht werden, weniger in Teilzeit zu arbeiten. Söder nannte mehrere Ideen: "Wir könnten überlegen, Familienarbeitszeit auch an das Alter der Kinder zu knüpfen. Es ist schon ein Unterschied, ob ein Kind noch in die Kita geht oder volljährig ist. Man kann diskutieren, ob Beamte gleich zu Beginn in Teilzeit gehen oder nicht doch erst eine gewisse Zeit in Vollzeit arbeiten sollten. Und ob nicht eine Höchstdauer von Teilzeitjahren vertretbar ist." Es gebe aber auch andere kluge und flexible Ideen.

    Aktuell seien in den Schulen rund 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit. Grundsätzlich sagte Söder: "Der Trend geht zu immer weniger Arbeit, mehr Teilzeit und Work-Life-Balance. Ob damit unser Wohlstand zu erhalten ist, wage ich zu bezweifeln."

    Grundsätzlich wolle man lieber Freiwilligkeit statt Zwang, Kooperation statt Konfrontation, sagte Söder nach der Kabinettssitzung. Man wolle nun mit den Verbänden darüber reden.

    Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Bayern, Bernhard Stiedl, reagierte verwundert auf Söders Stellenabbau-Pläne. "Es ist mindestens seit der Corona-Pandemie allgemein bekannt, dass vor allem die Verwaltung im Öffentlichen Dienst mit der Arbeit nicht hinterherkommt", sagte Stiedl. Ein großer Teil der Beschäftigten mache jetzt schon Überstunden. Es fehle eine zeitgemäße Ausstattung und eine flächendeckend funktionierende IT. "In dieser Situation einen großflächigen Stellenabbau anzukündigen, ist mehr als problematisch."

    Der Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes (BBB) Rainer Nachtigall, sagte: "Man kann den öffentlichen Dienst nicht einfach als Sparpotenzial begreifen." Ein verlässlicher Staat brauche eine starke und verlässliche Verwaltung. Wer hier vorrangig den Stellenabbau im Blick habe, der zäume das Pferd von hinten auf.

    Die Idee einer Höchstdauer für Teilzeit bei den Lehrkräften nannte Stiedl ein No-Go. "Damit würden wieder vor allem Frauen benachteiligt werden." Wer dafür sorgen wolle, dass Beschäftigte, insbesondere Frauen, ihre Arbeitszeit wieder aufstocken, müsse für ausreichend Kinderbetreuungsplätze sorgen. Hier habe Bayern noch viel zu tun.

    Die Gewerkschaft Verdi kündigte "entschiedenen Widerstand" an. Der öffentliche Dienst sei bereits jetzt mit erheblichem Arbeitsdruck konfrontiert. "Ein Stellenabbau würde zwangsläufig zu einer Überlastung führen und könnte sich direkt auf die Qualität der Dienstleistungen auswirken", hieß es in der Mitteilung der Landesbezirksvorsitzenden Luisa Klemens und ihres Stellvertreters Sinan Öztürk.

    Der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes, Michael Schwägerl, warnte, gut zu überlegen seien Eingriffe in "bestehende, gesetzliche Regelungen zur Teilzeit, die einen Teil der Attraktivität des Öffentlichen Dienstes und damit auch des Lehrerberufs ausmachen".

    Der Vorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands, Ulrich Babl, betonte, die Einführung einer Höchstdauer von Teilzeitjahren sei keine Option und langfristig kontraproduktiv. "Diese Maßnahme ist keine Lösung für den Lehrermangel, sondern ein Attraktivitätskiller für den Berufsstand", warnte Babl. Die bayerischen Lehrerinnen und Lehrer leisteten tagtäglich einen unschätzbaren Beitrag zur Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen, sie gingen oft über ihre Belastungsgrenze hinaus. "Die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung ist hier eine wichtige Maßnahme zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, die gerade einer Partei, die Politik im Interesse der Familie betreiben möchte, besonders wichtig sein sollte", sagte er.

    (dpa)

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