Kurz bevor Markus Söder und sein scheidender Fraktionschef Thomas Kreuzer die kleine Bühne in der CSU-Zentrale betreten, ist von nebenan Applaus zu hören. Mit dem, so erzählt es Söder hinterher, hätten ihn Landtagsabgeordnete und -kandidaten nach einer Klausur-Sitzung verabschiedet, in der die CSU sich einstimmte auf die Endphase des Wahlkampfs. Und in der soll es nach dem Willen Söders um ganz andere Themen gehen als in den vergangenen knapp zwei Wochen, als die Hetzblatt-Affäre um Söders Vize Hubert Aiwanger den Takt vorgab.
Nach der Affäre um Hubert Aiwanger und das Flugblatt: CSU sackt in Wählergunst ab
Ihre Auswirkungen sind einen Tag nach der Debatte im Landtag deutlich spürbar. Nach den neuesten Meinungsumfragen hat die CSU in der Wählergunst verloren und ist auf das schlechteste Ergebnis seit eineinhalb Jahren gesackt. Hubert Aiwangers Freie Wähler dagegen sind so stark wie noch nie. Einen Monat vor der bayerischen Landtagswahl muss die CSU imZDF-Politbarometer mit nur 36 Prozent vorliebnehmen, die FW sind bei 16 Prozent, gleichauf mit den Grünen.
43 Prozent der Befragten wissen dem neuen Politbarometer zufolge bisher nicht sicher, ob und wen sie tatsächlich wählen wollen. Auch zwei weitere Umfragen hatten die Freien Wähler zuletzt bei 15 oder 16 Prozent gesehen und damit weit über ihrem Wahlergebnis von 2018 (11,6 Prozent). Die aktuelle Civey-Erhebung für unsere Redaktion sah die CSU unter Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder ebenfalls bei 36 Prozent.
Söder spricht bei den Umfrageergebnissen vor der Landtagswahl von Momentaufnahme
Söder erklärt die Umfrageergebnisse am Freitag zur "Momentaufnahme" und spricht von einer "Fieberkurve der Solidarität für die Freien Wähler". In vier Wochen könne das schon wieder anders aussehen. Einen Tag nach der Debatte über die Hetzblatt-Affäre im Bayerischen Landtag will die CSU den Blick nach vorn richten. Söder: "Jetzt geht der Wahlkampf richtig los." Als Ziel für die Wahl am 8. Oktober gibt der Parteichef aber keinen Wert in Prozent an.
Ziel sei eine stabile Regierung für Bayern. Und die will Söder nach Lage der Dinge mit den Freien Wählern stellen. Eine Koalition mit den Grünen schließt er abermals entschieden aus. Mit Blick auf die 37,2 Prozent vor fünf Jahren (das zweitschlechteste Ergebnis der CSU-Geschichte), sagt Söder: "Alles, was besser ist, ist prima." Eine wichtige Rolle sollen dabei die CSU-Direktkandidaten in den 91 Stimmkreisen spielen. Alle – so zumindest das Ziel – sollen wieder von CSU-Vertretern gewonnen werden. Bei den Wahlen vor fünf Jahren hatte die CSU sechs von 91 Stimmkreisen an die Grünen verloren.
Die Flugblatt-Affäre erklärt Söder für beendet. "Das Thema ist abgeschlossen." Er habe in seiner Erklärung am Sonntag alles Nötige dazu gesagt. Bei der Landtags-Debatte am Donnerstag, als Söder und Aiwanger schwiegen, sei er aus Respekt vor dem Parlament dabei gewesen. Warum sich dort Hubert Aiwanger nicht erklärte, müsse man diesen fragen.
Söder spricht lieber über die anstehende Wahl, über sich und seine Partei. Als Ministerpräsident müsse er "das Land führen und zusammenhalten". Er verweist auf die Umfragen, wonach mehr als 60 Prozent der Bayern es für richtig hielten, dass er Aiwanger im Amt beließ. Dann lenkt er den Blick auf die Themen, mit denen er und seine Partei in den nächsten Wochen punkten wollen.
Söder bekennt sich zum Bündnis mit den Freien Wählern
Das Rezept dahinter ist bekannt: Kreuzer und Söder üben massive Kritik an der Politik in Berlin und stellen Bayern als Beispiel für gut funktionierende Politik dar. An Themen nennen sie Energiekosten, Wirtschaft und Asyl. Die Ampel habe "null Idee", wie die Konjunktur belebt werden könne, in Bayern werde es dagegen ein Programm geben, mit dessen Hilfe sich die Menschen trotz hoher Zinsen ein Eigenheim leisten können. Statt vier Prozent Zinsen müssten bayerische Häuslebauer nur ein Prozent bezahlen, zudem soll der Kita-Bau in den Kommunen angekurbelt werden, um die Bauwirtschaft zu stützen.
Auch Hubert Aiwanger meldet sich zu Wort
Auch Hubert Aiwanger meldet sich am Freitag noch zu Wort und wählt ein fast identisches Thema: Der FW-Chef kritisiert das in Berlin verabschiedete Heizungsgesetz scharf.