Ilse Aigner (CSU) ist gerne Landtagspräsidentin und sie will es nach der Wahl am 8. Oktober auch bleiben. „Ich habe noch einiges vor“, sagt Aigner, als sie am Montag vor der Presse im Landtag Bilanz ihrer ersten Amtszeit zieht. Falls sie erneut gewählt und in ihrem Amt bestätigt werde, will sie auf die rauer gewordenen Sitten im Maximilianeum mit Ordnungsgeldern für Abgeordnete und einer strengeren Hausordnung reagieren. Außerdem will sie einen Demokratie-Kodex etablieren, in dem Abgeordnete sich freiwillig dazu verpflichten, sich auch außerhalb des Landtags vorbildlich zu verhalten – also nicht zu hetzen, nicht zu Straftaten aufzurufen und keine Verschwörungstheorien zu verbreiten. Der Hintergrund ihrer Initiative: Seit die AfD im Landtag sitzt, kam es reihenweise zu Beschimpfungen und ärgerlichen Vorkommnissen.
Statistik zeigt, welche Rolle die AfD spielt
Dass die Veränderung im politischen Klima in Bayern im Wesentlichen auf das Konto der AfD geht, zeigt die Statistik, die Aigner vorlegt. Während es in der vorherigen Wahlperiode (2013 bis 2018) keine einzige Rüge gab, erteilte das Landtagspräsidium in den vergangenen fünf Jahren 25 Rügen an Abgeordnete wegen persönlich verletzender Aussagen oder gröblicher Störung einer Sitzung. 19 davon gingen an Abgeordnete der AfD, drei an den früheren AfD-Abgeordneten Raimund Swoboda (fraktionslos), zwei an Abgeordnete der Grünen und eine an SPD-Fraktionschef Florian von Brunn.
Bisher haben Rügen durch das Präsidium keine weiteren Folgen für die Abgeordneten. Künftig will Aigner beleidigende Aussagen oder Störungen mit einem Ordnungsgeld ahnden. „Ich bin fest entschlossen, dieses Thema anzugehen“, sagt Aigner. „Der Ton im Parlament ist rauer geworden, die Debattenkultur hat gelitten, manche Wortbeiträge waren schlicht und ergreifend unterirdisch.“ Wie hoch das Ordnungsgeld sein könnte, ist noch offen. Aber „nur zehn Euro“ sollten es nach Ansicht Aigners nicht sein.
Parallel zur Verschärfung der Ordnungsmaßnahmen für Abgeordnete schlägt die Präsidentin eine „Nachschärfung“ der Hausordnung vor. Der Landtag solle zwar ein „offenes Haus“ für Bürgerinnen und Bürger bleiben. Aber er dürfe, so sagt Aigner unter Verweis auf einen Vorfall mit einer AfD-Besuchergruppe, keine Bühne sein für „verfassungsfeindliche Gesinnungstrinker“, die Journalisten bedrängen und rassistische Handzeichen verwenden. Abgeordnete sollen selbstverständlich weiterhin Gäste einladen dürfen – das gehöre zum freien Mandat und diene der politischen Bildung. Wenn jedoch eine Gästegruppe außer Kontrolle gerate, solle künftig auch der Gastgeber zur Verantwortung gezogen werden können. Die Abgeordneten hätten darauf zu achten, dass ihre Besucher die Hausordnung achten und auf dem Boden der Verfassung stehen. Aigner: „Ist das nicht der Fall, so werden wir das Hausrecht künftig konsequent durchsetzen, entsprechende Veranstaltungen unmittelbar beenden und auch Hausverbote aussprechen.“
Mit ihrem dritten Vorschlag greift die Landtagspräsidentin über ihren unmittelbaren Einflussbereich im Parlament hinaus. Sie schlägt vor, einen „Demokratie-Kodex“ auszuarbeiten, zu dem sich Abgeordnete mit ihrer Unterschrift in einem Akt freiwilliger Selbstverpflichtung bekennen. Der Kodex soll klare Abgrenzungen gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze festschreiben und das Bekenntnis enthalten, keine Verschwörungstheorien zu verbreiten. Mit ihrer Unterschrift sollen die Landtagsabgeordneten dokumentieren, dass sie sich an dem Kodex messen lassen – in ihrer Wortwahl und in ihrem Handeln außerhalb des Landtags. Die Liste der Abgeordneten, die den Kodex unterschreiben und sich damit zu vorbildhaftem Verhalten verpflichten, soll nach Ansicht Aigners öffentlich gemacht werden.
Landtag kostet das Volk 13,70 Euro pro Kopf und Jahr
„Die Demokratie steht unter Feuer, aber sie ist stark und sie hat sich bewährt.“ So lautet das Fazit der Landtagspräsidentin zum Ende ihrer ersten Amtszeit. Eine Verkleinerung des Landtags lehnt sie ab. Aigner verweist auf die starke Bevölkerungszunahme in Bayern und auf die relativ geringen Kosten des Landesparlaments, das – anders als der Bundestag – in den vergangenen Wahlperioden kaum größer geworden sei. Die Kosten lagen im Jahr 2023 für jeden Bürger, so ihre Berechnung, insgesamt bei 13,70 Euro pro Kopf und Jahr. Ein Abgeordneter koste jeder Bürgerin und jedem Bürger sieben Cent pro Kopf und Jahr.
Gleichzeitig wird nach der neuen Auflistung des Landtagsamtes deutlich mehr gearbeitet. So sei die Zahl der Drucksachen, welche die Summe aller Vorgänge (Gesetzentwürfe, Anträge, Anfragen usw.) widerspiegeln, in dieser Wahlperiode um rund 23 Prozent auf 27.572 gestiegen. Die Zahl der Petitionen, in denen Bürgerinnen und Bürger sich hilfesuchend an den Landtag wenden, stieg im Vergleich zur letzten Wahlperiode von 9101 auf 10.058.