Die mehrfach angekündigte Klage der Bayerischen Staatsregierung gegen das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz der Bundesregierung ist beschlossene Sache. Sie hat, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung sagte, drei Ziele: eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, eine Senkung der Steuersätze sowie eine Regionalisierung der Erbschaftssteuer. Die Ampelparteien in Bayern reagierten mit scharfer Kritik. Die FDP sprach von „Klamauk“. Die Grünen warfen dem CSU-Chef vor, er betreibe „Stimmungsmache vor der Landtagswahl“.
Söder sagt: Bayern ist besonders betroffen
Bayern ist nach Darstellung Söders von der Neufassung des Steuergesetzes besonders betroffen, weil hier die Immobilienpreise in der Vergangenheit deutlich stärker gestiegen seien als anderswo. Dies führe dazu, dass eine Gartenlaube in Miesbach genauso hoch besteuert werde wie eine Villa in Greifswald. Viele Erben seien deshalb gezwungen, ihre Immobilie zu verkaufen. Die Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht richte sich gegen diese „massive Benachteiligung Bayerns“.
„Hart erarbeitetes Familienvermögen muss steuerfrei an die nächste Generation weitergegeben werden können“, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). Kernproblem des Steuergesetzes des Bundes sei, dass zwar die Bewertungsregeln der Vermögen neu gefasst, aber die Freibeträge nicht angepasst wurden. Bayern habe auf politischem Weg versucht, dies durchzusetzen. Es sei aber nicht möglich gewesen, in Berlin eine Mehrheit zu finden. Die Schuld dafür trifft nach Aussage der CSU Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Das Unterlassen des Ausgleichs beim Freibetrag ist die kapitale politische Sünde des Finanzministers“, sagte Söder.
Dass die Staatsregierung, wie berichtet, auch im Bundesrat gescheitert ist, liegt nach Ansicht Söders daran, dass alle anderen Landesregierungen von den Ampelparteien „gefesselt“ seien. Außerdem sei die Betroffenheit nicht so groß wie in Bayern, und manche Länder seien „skeptisch“, weil sie die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer wollen. Der Chef der Freien Wähler, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, stimmte im Kabinett der Klage zu, würde die Erbschaftssteuer nach dem Vorbild Österreichs am liebsten „komplett eliminieren“. Mittlerweile sei auch „Omas kleines Häuschen gefährdet“, sagte Aiwanger. Finanzminister Füracker aber stellte in der Pressekonferenz klar, dass dies nach der Bayerischen Verfassung gar nicht möglich ist.
Opposition: Söder schürt Ängste in der Mittelschicht
Sprecher der Opposition im Landtag konterten die Ankündigung der Klage scharf. „Einziger Zweck ist die Stimmungsmache vor der Landtagswahl. Diese Initiative dient nur einem reichen Bruchteil unserer Gesellschaft. Gleichzeitig schürt die Söder-Regierung Ängste in der Mittelschicht, die aufgrund bestehender Ausnahmeregelungen in Wahrheit aber gar nicht betroffen ist“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Tim Pargent. Helmut Kaltenhauser (FDP) warf Söder vor, gegen ein Gesetz Klage einzureichen, das er selbst zu verantworten habe. „Er selbst hat die geltende Fassung 2016 mitverhandelt und ihr zugestimmt. Faktisch klagt Söder gegen sich selbst und bleibt damit Spitzenreiter der Widersprüche.“ Einigen Forderungen der CSU aber stimmt Kaltenhauser zu. Er spricht sich für eine Erhöhung der Freibeträge um 25 Prozent ebenso aus wie für eine Regionalisierung: „Wenn den Ländern die Einnahmen zukommen, sollten sie auch die Kompetenz haben, über die Ausgestaltung dieser Steuer zu entscheiden.“
Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn warf Söder vor, zurzeit gegen alles zu klagen, um von seinen Versäumnissen in Bayern abzulenken. Und er forderte: „Wer höhere Freibeträge will, muss konstruktive Vorschläge machen, wie Superreiche höher besteuert werden können. Sonst fehlt das Geld für Ganztagsbetreuung und Kitas!“