Die Staatsregierung will nicht länger hinnehmen, dass Bayern andere Bundesländer mit zehn Milliarden Euro pro Jahr unterstützt. Vier Monate vor der Landtagswahl hat das Kabinett beschlossen, gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht Klage einzureichen. Finanzminister Albert Füracker (CSU) betonte im Landtag, dass die Staatsregierung zwar zu den Ausgleichszahlungen stehe – allerdings nicht in dieser Höhe.
Mit fünf Milliarden wäre er einverstanden, nicht aber mit zehn. Sprecher der Opposition nannten die Klage zum jetzigen Zeitpunkt ein "Wahlkampfmanöver" und wiesen darauf hin, dass die frühere CSU-Staatsregierung das System des Länderfinanzausgleichs 2016 selbst ausgehandelt habe. Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der damals Finanzminister war, klage also quasi gegen sich selbst.
Bayern macht sich nach Darstellung von Finanzminister Füracker zum Gespött
Schon seit Jahrzehnten wird im Freistaat über den Länderfinanzausgleich lamentiert. Zweimal schon – 1999 und 2013 – hat die Staatsregierung Klage eingereicht. Zweimal schon feierten Ministerpräsidenten – erst Edmund Stoiber, dann Horst Seehofer – das in der Folge der Klagen erzielte Verhandlungsergebnis als Erfolg. Doch die Freude hielt jeweils nur kurz, weil die Zahlungen, die der Freistaat zu leisten hatte, dann doch wieder überproportional stark anstiegen.
In der aktuellen Situation macht Bayern sich nach Darstellung von Finanzminister Füracker zum Gespött. Er leitete seine Regierungserklärung am Dienstag im Landtag mit einem Zitat aus einem Lied über Berlin ein: "Die andern werden kreidebleich beim nächsten Länderfinanzausgleich. Det iss’n Grund zum Feiern, wir sind verrückt und unsere Schulden zahl’n die Bayern." Und er sagte: "So kann es nicht weitergehen."
Bayern, so Füracker, finanziere allein mehr als die Hälfte der 18,5 Milliarden Euro, die zuletzt an elf schwächere Länder verteilt wurden. Der Freistaat habe zwar bis Mitte der 80er Jahre selbst mit insgesamt 3,4 Milliarden Euro von dem System profitiert, aber seither 108 Milliarden Euro eingezahlt. "Da haben wir unsere Solidarität unter Beweis gestellt." Er sei dazu auch weiter bereit, aber nicht mehr in diesem Umfang. Ihm gehe es mit der Klage um Systemfehler und darum, Strukturen zu reformieren. "Es geht jetzt nicht darum, dass man ein bisschen Kosmetik betreibt." Den Klageweg einzuschlagen sei nötig, weil es bei den anderen Ländern keinerlei Verhandlungsbereitschaft gebe.
Grünen-Kritik: "Alles, was Sie heute angekündigt haben, hätten Sie in den letzten Jahren längst tun können"
Gegen die Klage stellte sich in der Debatte kein Sprecher der Opposition. Massive Kritik aber wurde an dem Zeitpunkt kurz vor der Wahl geübt. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Tim Pargent, warf Söder und Füracker vor: "Alles, was Sie heute angekündigt haben, hätten Sie in den letzten Jahren längst tun können." Katrin Ebner-Steiner (AfD) nannte die Klage "das gleiche hilflose Manöver wie vor zehn Jahren". SPD-Fraktionschef Florian von Brunn datierte den Anfang aller Probleme auf die Regierungszeit Stoibers. Jetzt, so sagte er, klage "Söder gegen Söder". FDP-Fraktionschef Martin Hagen warf der CSU vor, sie habe in der Vergangenheit als Vertreter bayerischer Interessen versagt.
Nur zum Teil auf die Seite der CSU stellten sich auch die Freien Wähler. Der Vize-Fraktionschef, der Allgäuer Abgeordnete Bernhard Pohl, kritisierte zwar den Länderfinanzausgleich als "Alimentation der Faulen", hielt der CSU aber vor, was er ihr schon nach den letzten Verhandlungen im Jahr 2016 vorgehalten hatte. Pohl zitierte sich selbst mit den Worten: "Sie lassen sich für ein Ergebnis feiern, das sie Jahre später in Bausch und Bogen verdammen."