Die reine Nachricht hat Aufreger-Potenzial: Bayern kürzt die Hälfte des Familiengeldes. Das hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag verkündet. Eltern bekommen also weniger Geld vom Freistaat ausbezahlt – und das schon ab Januar 2026. Und eigentlich ist Söders Botschaft sogar noch härter: Denn die Regierung kürzt nicht nur das Familiengeld. Sie streicht auch das Krippengeld, und zwar komplett. Aber ist das wirklich ein Anlass, sich aufzuregen?
Kürzung beim Familiengeld: Statt 8400 Euro bekommen Eltern nur noch 3000 Euro
Bisher galt in Bayern folgende Regel: Die Eltern eines Kindes zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr bekamen das bayerische Familiengeld, 250 Euro im Monat. Unabhängig davon, ob ihr Kind eine Kita besuchte oder nicht. Dazu überwies der Freistaat 100 Euro pro Monat an all jene Eltern, deren Kinder eine Krippe besuchten. Als Zuschuss für die zum Teil sehr hohen Gebühren sozusagen. Auf die zwei Jahre gerechnet, waren das 8400 Euro, mit denen der Freistaat Familien mit unterdreijährigen Kindern unterstützte. Ab Januar 2026 sollen es 3000 Euro sein. Ein Einschnitt ins Familienbudget.
Doch Markus Söder will das restliche Geld nicht einfach einsparen, sagt er, er will es umverteilen und den Kitas direkt zugutekommen lassen. Es soll in das Personal fließen, den Bau von neuen Kitas und die Infrastruktur. Die bayerischen Städte und Gemeinden, die für den Betrieb und die Finanzierung von Krippen und Kindergärten zuständig sind, begrüßen die Neuverteilung des Geldes. Sie hatten zuvor häufig über Kita-Kosten geklagt, die ihre Haushalte belasten. In vielen Kommunen im Freistaat wurden nicht zuletzt deshalb die Kita-Gebühren zum Teil drastisch erhöht. Die Kommunen forderten deshalb schon länger eine Reform der Kita-Finanzierung. Jetzt sagt Markus Pannermayr, der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages: „Der Kurswechsel beim Familiengeld und beim Krippengeld ist in Zeiten einer angespannten Haushaltslage unvermeidbar. Es ist zu begrüßen, wenn die nun frei werdenden Mittel in die Strukturen von Kinderbetreuung fließen. Damit kann zum Beispiel die Förderung der Kinderbetreuung ausgebaut werden.“
Bayern kürzt das Familiengeld: Das belastet gerade Menschen mit wenig Einkommen
Auch der Wirtschaftswissenschaftler Wido Geis-Thöne findet Söders Reform-Pläne erst einmal gut. Er arbeitet am Institut der Wirtschaft in Köln. Einer seiner Schwerpunkte ist die Familienpolitik. Er sagt: „In Betreuungseinrichtungen zu investieren, ist immer eine gute Entscheidung.“ Mit dem zusätzlichen Geld könnten neue Plätze geschaffen werden, die Qualität der Betreuung verbessert oder auch mehr Erzieherinnen eingestellt werden, sodass sich der Betreuungsschlüssel verbessert, sagt er. Denn an all dem haperte es. In Bayern fehlen seit Jahren Krippenplätze. Etwa zehn Prozent aller Eltern mit kleinen Kindern finden jedes Jahr keinen Kitaplatz, das zeigt eine Auswertung der Bertelsmann-Stiftung. Der Platz-Mangel wird noch dadurch verstärkt, dass es nicht genug Erzieherinnen gibt. Das Geld des Freistaats wird also benötigt. „Das Familiengeld war ja eine bayerische Besonderheit. In anderen Bundesländern gibt es das so nicht. Es ist also kein Muss“, sagt Geis-Thöne. Und doch hat er Kritikpunkte.
„Das bayerische System der Kita-Finanzierung ist sehr komplex“, sagt er. In Nordrhein-Westfalen legten etwa die Kommunen fest, wie viel ein Betreuungsplatz koste. Der Vorteil für Eltern: Egal, in welche Einrichtung ihr Kind genommen wird, es kostet immer gleich viel. In Bayern hingegen hängen die Kosten vom Träger ab, der legt sie nämlich fest. „Das wird in dem Moment zum Problem, in dem es einen Mangel an Kitaplätzen gibt und Eltern sich nicht frei entscheiden können, wo sie ihr Kind hinbringen, sondern den Platz nehmen müssen, den sie bekommen“, sagt er.
Der zweite Kritikpunkt: Die Kitagebühren sind in Bayern nicht nach Einkommen gestaffelt. Das heißt, Menschen mit niedrigerem Einkommen bezahlen für den Platz genauso viel wie Spitzenverdiener. Bei Menschen mit sehr geringem Einkommen übernimmt aber der Staat die Kitakosten. „Aber diejenigen mit unteren, mittleren Einkommen – die gerade so keinen Zuschuss bekommen – werden von der Reform natürlich besonders hart getroffen“, sagt Geis-Thöne.
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