Dramatische Entwicklung in der Masken-Affäre um dubiose Politiker-Geschäfte: Die Generalstaatsanwaltschaft München hat nun einen ersten Beschuldigten verhaften lassen. Nach Informationen unserer Redaktion handelt es sich um einen 53-jährigen Unternehmer aus dem Raum München, der als Schlüsselfigur in der Affäre gilt. Das Oberlandesgericht München habe auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen des Verdachts der Bestechung von Mandatsträgern erlassen, teilten die Ermittler mit. Es lägen gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht vor und ein Haftgrund. Haftgründe sind zum Beispiel Flucht- oder Verdunklungsgefahr.
Nach Recherchen unserer Redaktion hat das Oberlandesgericht den Haftbefehl mit Fluchtgefahr begründet. Die Ermittler haben offenbar die Befürchtung, dass sich der Lobbyist irgendwohin ins Ausland absetzen könnte. Der Ex-Manager verfügt über Firmensitze unter anderem in der Karibik und auf den britischen Kanalinseln. Am Donnerstagnachmittag wurde der 53-Jährige bereits zu einer ersten Vernehmung gebracht. Höchstwahrscheinlich kommt er danach in die Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim.
Masken-Affäre: Geschäftsmann unter "dringendem Tatverdacht"
Die Verhaftung bedeutet gleichzeitig eine Zuspitzung der Masken-Affäre um die Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein. Bisher war in dem Verfahren immer nur von einem Anfangsverdacht die Rede gewesen. Dass dies nun in einen "dringenden Tatverdacht" hochgestuft wurde, bedeutet sehr wahrscheinlich, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihre Vorwürfe in dem gesamten Verfahren durch Unterlagen und Dokumente über die Geldflüsse konkretisieren kann. Die Ermittler teilten weiter mit, dass umfangreiche „vermögenssichernde Maßnahmen“ veranlasst worden seien. Das bedeutet, dass Geld und/oder Vermögenswerte sichergestellt worden sind beziehungsweise Konten gesperrt wurden. Nach unseren Informationen ist davon auch Sauters Spende über 470.000 Euro an eine Günzburger Stiftung betroffen.
In einem Prozess könnte das Gericht dann die Einziehung des Geldes anordnen, das wird als Vermögensabschöpfung bezeichnet. Nach unseren Informationen gilt das nicht nur für Vermögen, das dem verhafteten Unternehmer zuzurechnen ist, sondern auch für Geld, das beispielsweise an Politiker und weitere Vermittler gehen sollte. Wie berichtet, hat der Günzburger Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein 660.000 Euro über seine Firma Tectum von einer Firma des Unternehmers bezogen. Vereinbart war aber eine Zahlung von 1,2 Millionen Euro.
Masken-Affäre: Lobbyist sitzt in Untersuchungshaft
Eine Bank in Liechtenstein hatte den Geldfluss gestoppt, weil er ihr verdächtig vorkam. Die Bank informierte dann die Finanzaufsicht FIU (Financial Intelligence Unit), die sich wiederum an die Generalstaatsanwaltschaft München wandte. So kam die Masken-Affäre ins Rollen. Seither arbeiten die Ermittler der beiden Länder zusammen. Wie Liechtensteins Leitender Staatsanwalt Robert Wallner unserer Redaktion bestätigte, laufen auch im Fürstentum Ermittlungsverfahren, und zwar gegen vier Verdächtige.
Dem Beschuldigten sei am Donnerstag der Haftbefehl eröffnet und in Vollzug gesetzt worden. Der Lobbyist gilt als einer der Drahtzieher in der Masken-Affäre. Über eine Wirtschafts-Vereinigung hat er gute Kontakte geknüpft. Er war dort Vorstandsvorsitzender, hat das Amt aber niedergelegt. Über sein weit verzweigtes Firmengeflecht sollen die Millionenprovisionen unter anderem an den Landtagsabgeordneten Alfred Sauter (CSU) und den Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein geflossen sein. Beide weisen die Vorwürfe zurück.
Die Affäre hat die Unionsparteien in eine tiefe Krise gestürzt. Auch Nikolas Löbel, bis dahin Bundestagsabgeordneter der CDU, erhielt eine Provision für ein Maskengeschäft. Er ist inzwischen aus der CDU ausgetreten und hat sein Bundestagsmandat zurückgegeben. CDU und CSU wollen wegen der Affäre nun die Transparenzregeln für Abgeordnete verschärfen. (mit dpa)
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