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Kommentar: Zwölf Monate Corona-Modus: Ein Jahr der verstrichenen Chancen für Schulen

Kommentar

Zwölf Monate Corona-Modus: Ein Jahr der verstrichenen Chancen für Schulen

Sarah Ritschel
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    Das Coronavirus verhagelt Schülern an den bayerischen Schulen das mittlerweile zweite Schuljahr.
    Das Coronavirus verhagelt Schülern an den bayerischen Schulen das mittlerweile zweite Schuljahr. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Fünf Wochen. Kürzer als die Sommerferien. So lange sollte die erste Schulschließung dauern. Genau vor einem Jahr, am 16. März 2020, begann der erste Lockdown für die Schulen. Er wurde deutlich länger. Was folgte, war ein wildes Hin und Her aus Distanzunterricht, Wechselunterricht, Ferien und Lernen im Klassenzimmer. Ein Mittelstufenschüler hatte seit Mitte März 2020 – günstige Inzidenzzahlen vorausgesetzt – nicht einmal 20 Wochen Unterricht im Klassenzimmer.

    Die Staatsregierung könnte Schulen besser vor Corona schützen

    Die Politik hatte ein ganzes Jahr Zeit herauszufinden, wie man Schulen Corona-fest macht. Doch bis heute lassen Staatsregierung, Gesundheits- und Kultusministerium Chance um Chance verstreichen. Das zeigte sich etwa in den Sommerferien, als kurz vor Schulstart nicht klar war, ob genügend Lehrer da sind, welche Fächer wie stattfinden und ob der Platz in Schulbussen reicht. Und es zeigt sich jetzt beim Impf- und Testkonzept.

    Lehrer und Familien haben im vergangenen Jahr wohl alle Emotionen erlebt, zu denen ein Mensch fähig ist. Dominierte in den ersten Monaten Wut auf die Technik und auf das Kultusministerium mit seiner mangelhaften Kommunikation, ist diese nun Verunsicherung und Angst um die Gesundheit gewichen.

    Die technischen Probleme im Distanzunterricht sind erfreulicherweise weitgehend behoben. Bund und Land haben Schüler mit Leihgeräten ausgestattet, zehntausende Lehrer haben sich fortgebildet, neue Methoden bringen neue Freude am Lernen und sogar die heikle Lernplattform Mebis läuft meist stabil. Eine große Hoffnung in dieser Pandemie ist es, dass positive Elemente des digitalen Lernens auch in Zukunft bleiben.

    Schnelltests für Schüler: Kein häufiger Anblick.
    Schnelltests für Schüler: Kein häufiger Anblick. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Dennoch: Nicht zu glauben, dass Lehrer noch immer keine dienstliche E-Mail-Adresse haben, jede Mail an Schüler ein Datenschutzproblem birgt. Die Lizenz für das zentrale Videotool Microsoft Teams läuft im April aus, es droht ein Szenario wie im Dezember, als das Kultusministerium sie kurz vor knapp verlängerte.

    Wie gut die Schüler an ihren Laptops lernen, weiß bis heute niemand genau. Was Lehrer berichten, verheißt nichts Gutes. Bildungsforscher schätzen, dass 15 Prozent der Grundschüler in Deutschland die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen nicht erfüllen. Wer hier nicht rechtzeitig nachbessert, riskiert einen Jahre währenden Teufelskreis aus wachsenden Wissenslücken und Demotivation. Schulen sollen zwar vermehrt Förderangebote für Kinder mit Lernrückständen machen. Nur: Wer übernimmt sie? Vor allem an Grund- und Mittelschulen schlägt der Lehrermangel in der Krise mehr durch denn je.

    Die Politik in Bayern vernachlässigt den Gesundheitsschutz an Schulen

    Erschreckend nach einem Jahr voller Auf und Zu an Schulen ist vor allem, dass die Politik den Gesundheitsschutz dort so locker sieht. Ein Großteil der Grund- und Förderschullehrer wartet weiter auf einen Impftermin, während Steuerkanzleien, Politiker und entfernte Verwandte von Mitarbeitern in Seniorenheimen geimpft werden.

    Viel wichtiger noch sind Schnelltests. Söder und sein Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) äußerten schon vor Wochen ihren Plan für neue Schulöffnungen: Testen, testen, testen. Piazolo betonte, dass man mit einer intensiven Testmethode sogar Schulen in Hotspots öffnen könnte, die jetzt noch weit davon entfernt sind. Seit Montag sind außerhalb der Hotspots die meisten Schüler zurück – und mancherorts ist noch kein einziger Test ausgepackt. Vielmehr heißt es an Bayerns Schulen: Warten, warten, warten. Auf einen sicheren Schulbesuch, der die Konzentration aufs Lernen erlaubt. Und im schlimmsten Fall warten auf den nächsten Lockdown.

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