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Kommentar: Zu wenig Lehrer? Eltern ins Klassenzimmer!

Kommentar

Zu wenig Lehrer? Eltern ins Klassenzimmer!

Sarah Ritschel
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    Stühle stehen in einem Klassenzimmer auf den Tischen.
    Stühle stehen in einem Klassenzimmer auf den Tischen. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild, dpa (Symbolbild)

    Im Grunde ist an Bayerns Schulen jeder Unterrichtstag ein Rechtsbruch. Denn Lehrerinnen und Lehrer können schon lange nicht mehr leisten, was das bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz von ihnen verlangt. Konnten sie vielleicht noch nie, wenn man ehrlich ist.

    Elf Gebote sind es insgesamt im sogenannten BayEUG, der Gesetzesbibel für die Schulen. Etwa heißt es darin: Lehrkräfte sollen Wissen und Können vermitteln. Sie sollen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, selbst zu urteilen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Toleranz sollen sie lehren. Gleichzeitig ein "europäisches Bewusstsein" wecken und die Liebe der Schüler zur Heimat. Kämpfer für den Rechtsstaat sollen die Kinder einmal sein, ebenso für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Fakt ist: Nicht einmal ihre erste Aufgabe, Wissen vermitteln, können Lehrkräfte noch so ausfüllen, wie sie gerne würden. Dafür sind sie im Laufe der Jahre schlicht zu wenige geworden in den Klassenzimmern. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sinken, das ist längst bewiesen. Was wächst, ist die soziale Kluft und für immer mehr Jugendliche das Risiko, ohne Abschluss die Schule zu verlassen.

    Lehrermangel: Die Bildungsqualität retten

    Deswegen ist es Zeit, jeden Stein umzudrehen auf der Suche nach Lehrkräften und vor allem nach Lösungen. Man sollte nachdenken dürfen über mutige Experimente und kühne Lernideen, ohne dass jemand gleich das Ende der Bildungsqualität heraufbeschwört. Mit der ist es definitiv irgendwann vorbei, wenn es so weitergeht wie bisher.

    Schulen brauchen Retterinnen und Retter. Sie brauchen Verwaltungskräfte, die den verbliebenen Pädagoginnen und Fachlehrern Zeit freiräumen für das, wofür sie alle ursprünglich einmal studiert haben: für die Arbeit im Klassenzimmer, für guten Unterricht. Der Staat muss Stellen für Verwaltungskräfte schaffen, die Klassenlisten führen und Elternabende organisieren, sich um alles Bürokratische kümmern. Korrekturassistentinnen und -assistenten, wo immer das sinnvoll ist. Und wenn die Künstliche Intelligenz das nächste Arbeitsblatt erstellt, auch okay.

    Warum nicht auch nachdenken über engagierte Eltern und Ehrenamtliche? Schon jetzt gibt es Erfolgsbeispiele – etwa an einer Gesamtschule in Niedersachsen. Dort übernehmen Mütter und Väter freiwillig pro Woche zwei Schulstunden. Sie kochen mit den Kindern und Jugendlichen, spielen Hockey oder erkunden gemeinsam ihre Stadt. Der Lehrplan wird hier nicht durchgepaukt. Aber das Projekt erzieht Schüler – Stichwort Unterrichtsgesetz – zu selbstständigen, gemeinschaftsfähigen Wesen. Und am Ende sprechen Eltern und Lehrer alles Erlebte pädagogisch durch.

    Bisherige Maßnahmen machen Beruf des Lehrers unattraktiv

    Auch Musikschulen und Sportvereine könnten einspringen, wo Stunden sonst auszufallen drohen. Sie sollen mit ihren Musik- und Bewegungsangeboten ohnehin mehr an Schulen einbezogen werden, wenn bald der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung kommt. Da sollten Schulen auch jetzt schon die Chancen in ihrem Ort oder ihrer Stadt nutzen (dürfen). 

    Natürlich, solche Ideen funktionieren nicht überall. Müssen sie auch nicht. Aber bisher haben fast alle Notfallwerkzeuge gegen den Personalmangel in den Klassenzimmern eins gemeinsam – seien es Mehrarbeit für die verbliebenen Lehrkräfte, Teilzeit-Einschränkungen oder die Streichung des verfrühten Ruhestands: Sie alle machen den Lehrerberuf noch unattraktiver. Und damit ist langfristig niemandem geholfen.

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