Nun ist es also endgültig beschlossene Sache: Wie von CSU und Freien Wählern angekündigt, wird mit dem neuen Schuljahr die „Verfassungsviertelstunde“ an allen bayerischen Schulen starten. Der erste Testlauf in München konnte einen guten Eindruck vermitteln, wie das neue Konzept im Unterricht umgesetzt werden kann: An konkreten Beispielen aus der Lebensrealität der Schüler anknüpfend, kann offen und ohne Leistungsdruck über Grundwerte wie Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit oder die Menschenwürde diskutiert werden.
Aktuelle politische Ereignisse können dabei genauso ein Auslöser sein wie dauerhafte Probleme etwa in sozialen Medien. In Mathematik kann über die digitale Macht der Algorithmen diskutiert werden, in Sport vielleicht über die Bedeutung von Fair Play.
Es ist richtig, dass das Kultusministerium den Schulen freie Hand lässt
Natürlich ist die Bandbreite von der ersten bis zur Abschluss-Klasse groß. Die Klassen sind auch in Bayern sehr unterschiedlich zusammengesetzt. Deshalb ist es richtig, dass das Kultusministerium den Schulen und den Lehrern bei der Ausgestaltung weitgehend freie Hand lassen will.
Ob es funktioniert? Diese Frage kann nur die Praxis beantworten. Das Engagement bei Schülern wie Lehrern wird nicht immer gleich hoch sein. Der normale Unterricht mit seinen Leistungstests wird die unbenoteten Wertedebatten mitunter in den Hintergrund drängen. Trotzdem ist es ein gutes Zeichen, wenn sich Bayerns Schulen gerade in politisch schwierigen Zeiten offenen Wertediskussionen stellen. Den Versuch ist es in jedem Fall wert.