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Kommentar: Markus Söders Atomkraft-Offensive ist zu plump, um seriös zu sein

Kommentar

Markus Söders Atomkraft-Offensive ist zu plump, um seriös zu sein

Michael Stifter
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    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nimmt nach seinem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 an einer Pressekonferenz vor der Anlage teil.
    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nimmt nach seinem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 an einer Pressekonferenz vor der Anlage teil. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Alexander Dobrindt weiß, wie man Wahlkampf macht. Schon im vergangenen Sommer hatte der CSU-Stratege erkannt, dass die Energieversorgung ein ideales Thema für den Landtagswahlkampf werden würde. Damals warnte die Union in düstersten Farben davor, dass wir alle schon in diesem Winter im Dunkeln sitzen und frieren würden und die Industrie zum Stillstand kommen werde. So trieb man die Bundesregierung vor sich her, die – so die Erzählung – aus rein ideologischen Gründen die Zukunft des ganzen Landes aufs Spiel setze. 

    Die Grünen gaben ihren Widerstand gegen eine Laufzeitverlängerung der letzten deutschen Kernkraftwerke bis zum Frühjahr auf. Die Gasspeicher waren gut gefüllt, die Deutschen wurden Energiesparer und der Blackout blieb aus. Doch all das tat der Schwarzmalerei der CSU keinen Abbruch. Mit Stimmungen lassen sich schließlich Stimmen holen. Und viele Menschen sind ja tatsächlich hochgradig verunsichert, wie das alles auf Dauer funktionieren soll mit der Energiewende.

    Mit seiner neuesten Volte, das bayerische Atomkraftwerk Isar 2 angeblich in Eigenregie weiterbetreiben zu wollen, um quasi im Alleingang die Energieversorgung des Freistaats sicherzustellen, betreibt Parteichef Markus Söder nun allerdings derart offensichtlichen Populismus, dass man sich schon fragen muss, wie plump Wahlkampf sein darf, ohne wie eine Beleidigung der Bevölkerung zu wirken. 

    Ob sich Markus Söders Gratismut bei der Landtagswahl auszahlt?

    Söder dürfte bewusst sein, dass es für seine Forderung bislang keine rechtliche Grundlage gibt. Und gerade das macht die Sache so verlockend für ihn. Er, der bayerische Landesvater, tut so, als würde er die Sache ja gerne selbst in die Hand nehmen wollen, wenn ihn diese ach so verantwortungslose Bundesregierung denn ließe. 

    Söder glaubt, damit nur gewinnen zu können. Bleibt die Energieversorgung stabil, interessiert sich im Oktober kein Mensch mehr für irgendwelche Schlagzeilen aus dem April. Geht es schief, wird der CSU-Chef erzählen, dass er es immer schon gewusst habe, seine Warnungen aber ignoriert worden seien. Nur: Ob es für diese Form von Gratismut wirklich Wählerstimmen gibt, ist doch ziemlich fraglich. 

    Söder kämpft bei der Landtagswahl im Oktober um seine persönliche Laufzeitverlängerung als Ministerpräsident. Umso engagierter pflegt er sein Image als zupackender Macher, der immer nur das Wohl Bayerns im Sinn hat und sich dafür auch mit denen da oben in Berlin anlegt. Dass er rein zufällig zum Auftakt des Wahljahres mal wieder die himmelschreiende Ungerechtigkeit des Länderfinanzausgleichs thematisiert, gehört da schon zur CSU-Folklore. 

    Muss Bayern dann auch seinen atomaren Müll selbst lagern?

    Mit seiner Atomkraft-Offensive schießt sich der Mann, der noch vor ein paar Jahren vehement für das Abschalten der Kernkraftwerke geworben hatte, allerdings womöglich ein Eigentor. Zu offensichtlich wirkt der Versuch, sich als tapferer Kämpfer gegen den viel beschworenen "Ampel-Irrsinn" zu inszenieren. 

    Wenn es ihm wirklich ernst wäre mit dem Weiterbetrieb auf bayerische Verantwortung, hätte er das Thema schon seit einem Jahr forcieren können, anstatt just an dem Tag damit an die Öffentlichkeit zu gehen, an dem Isar 2 der Stecker gezogen wurde. Wenn es ihm wirklich ernst wäre, müsste er dann übrigens auch ein Endlager für den künftigen Atommüll made in Bavaria suchen und bereitstellen. 

    Beides hat Söder aber eben nicht getan. Und so muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, das Thema Kernkraft wohlkalkuliert bis zur letzten Kilowattstunde für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen, anstatt seine Energie in die Energiewende zu stecken. 

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