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Kommentar: Klimaaktivisten provozieren – und der Staat fällt darauf rein

Kommentar

Klimaaktivisten provozieren – und der Staat fällt darauf rein

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    Teilnehmer gehen bei einer Demonstration gegen Präventionshaft von Klimaaktivisten.
    Teilnehmer gehen bei einer Demonstration gegen Präventionshaft von Klimaaktivisten. Foto: Felix Hörhager, dpa (Archivbild)

    Wer provoziert? Wer lässt sich provozieren? Und wo führt das hin in einer Demokratie? Selten war der Rechtsstaat so herausgefordert wie aktuell durch die Klimaaktivisten, die sich auf viel befahrenen Straßen festkleben. Und selten erscheinen die Reaktionen so hilflos.

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fällt nichts Unsinnigeres ein, als angesichts der zweifellos illegalen, aber eben auch zweifellos gewaltfreien Proteste vor einer „Klima-RAF“ zu warnen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht „jede Grenze legitimen Protests überschritten“. Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, erachtet die jüngsten Aktionen „als kontraproduktiv, um gesellschaftliche Mehrheiten zu gewinnen“.

    Die Vorwürfe verfehlen ihre Wirkung nicht

    Mit dem Tod einer Radfahrerin, die in Berlin von einem Betonmischer überfahren worden war, hatte sich die zuvor schon gereizte Stimmung endgültig gegen die Klimaaktivisten gedreht. Ihnen wurde eine Mitschuld gegeben, weil wegen der Straßenblockade Rettungskräfte nicht zur Unfallstelle durchkamen. Die Vorwürfe verfehlten ihre Wirkung nicht. Eine überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger lehnt diese Form des Protests ab.

    Die Aktivisten aber machen weiter, bevorzugt im „Autoland Bayern“, wie die Proteste in München in jüngster Zeit zeigen. Einer von ihnen, der Jesuitenpater und Sozialethiker Jörg Alt, begründet das mit der seiner Überzeugung nach weitgehenden Untätigkeit der Politik in Sachen Klimaschutz, insbesondere im Verkehrssektor: „Wenn die Welt in Flammen steht, darf man den Feuerlöscher nicht wegsperren. Genau das aber tut Bayern.“

    Das bayerische Polizeiaufgabengesetz ist umstritten

    Ob das nun zutrifft oder nicht – weggesperrt jedenfalls werden in Bayern Frauen und Männer, die, wie Herr Alt, die Welt retten wollen. Die Provokation für den Rechtsstaat besteht darin, dass sie genau wissen, welche Folgen ihre Handlungen für sie selbst haben. Nirgendwo in Deutschland droht ihnen für die Ankündigung, ihre Protestaktionen fortzusetzen, ein längerer Präventivgewahrsam als in Bayern. Sie nehmen es bewusst in Kauf, 30 Tage oder länger ins Gefängnis gesteckt zu werden, ohne wegen einer Straftat verurteilt worden zu sein. Sie verzichten sogar darauf, gegen ihre Inhaftierung Rechtsmittel einzulegen, und machen sich damit – provokativ formuliert – selbst zu politischen Gefangenen. Wer die Provokation auf die Spitze treiben will, könnte sogar sagen: Das wird ihnen durch die grenzwertige Anwendung des ohnehin umstrittenen bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) überhaupt erst möglich gemacht.

    Wie lange ist ein Gewahrsam angemessen?

    Man muss sich mit den Aktivisten, die ohne Urteil eingesperrt sind, nicht solidarisieren. Man darf sagen: selber schuld. Aber man muss das Problem ernst nehmen, das sich aus dieser Form des Protests und der Reaktion der Polizei für einen Rechtsstaat ergibt, der Rechtsstaat bleiben will. 

    Aktuell diskutieren Juristen vor allem über die Frage, wie lange ein Präventivgewahrsam angemessen ist. Umstritten ist auch, ob eine Straßenblockade überhaupt eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung ist. Was ist, wenn in Zukunft mal wieder Landwirte ankündigen, aus Protest eine Straße zu blockieren? Müssen die dann auch vorsorglich nach Stadelheim in Gewahrsam? Wer stellt fest, wann die Grenze legitimen Protests überschritten ist?

    Bei der Reform des PAG jedenfalls war nicht davon die Rede, dass damit illegale Demonstrationen unterbunden werden sollen, um Verkehrsstaus zu verhindern. 

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