Der erste Schultag ist ein ABC der perfekten Inszenierung. Ein Foto mit Schultüte, das über Jahrzehnte im Wohnzimmer der Eltern hängen wird, ein Mittagessen mit Verwandten: Das reicht vielen Familien nicht mehr. Stattdessen liefert der Konditor Torten in Form einer Schultüte, manche Eltern buchen gar ein kleines Zirkusprogramm nur fürs Kind. Dabei ist der Schulstart schon teuer genug, wenn man nur die nötigsten Materialien kauft.
Natürlich ist es das gute Recht jeder Familie, ihr Geld auszugeben, wofür sie möchte und so zu feiern, wie sie es für angemessen hält. Es ist nur natürlich, dass das eigene Kind zu Schulbeginn im Mittelpunkt stehen soll. Doch der Trend zum Spektakel hat eine Folge. Kinder aus ärmeren Familien bekommen schon an Tag eins aufgezeigt, was ihnen über ihre Schullaufbahn hinweg noch schmerzlich bewusst werden wird: dass sie das Nachsehen haben, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler gleich sind. Auch später im Unterricht werden es viele von ihnen schwerer haben als Kinder aus privilegierten Familien, Bildungsstudien bestätigen das.
Der erste Schultag wäre ein guter Moment, darüber nachzudenken, was man eigentlich feiert: den Beginn einer der wichtigsten Phasen im Leben eines Kindes. In der Kulturwissenschaft ist die Einschulung ein klassischer Übergangsritus. Doch sobald sich ein Grundschulkind mehr über das teure Geschenk aus der Schultüte freut als über den Anlass, könnte das ein Hinweis an die Eltern sein, dass sie es übertrieben haben.
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