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Kommentar: Die Probleme in der Energiepolitik lassen sich nicht totschweigen

Kommentar

Die Probleme in der Energiepolitik lassen sich nicht totschweigen

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    Die Probleme in der Energiepolitik lassen sich nicht totschweigen
    Die Probleme in der Energiepolitik lassen sich nicht totschweigen Foto: Jens Büttner, dpa

    Einfach nicht mehr darüber zu reden, ist eine durchaus bewährte Methode, sich aus einer politischen Klemme zu befreien. Sie funktioniert vor allem dann, wenn der Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit sich längst wieder anderen Themen zugewandt hat. Gerade mal eine Woche ist es her, dass die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Ausbau der Windkraft die Uneinigkeit der Bayerischen Staatsregierung in dieser Frage offengelegt hat. Doch mit dem erschreckenden Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen und dem Tankrabatt, der den Autofahrern kaum Entlastung brachte, verschwand das Thema sehr schnell wieder aus der politischen Debatte in Bayern.

    Es ist nicht das erste Mal, dass Streitfragen in der Energiepolitik ungelöst im Raum stehen bleiben. Zwischen CSU und Freien Wählern hat das sogar eine gewisse Tradition. Bis der Krieg Russlands gegen die Ukraine die Abhängigkeit des Freistaats von russischem Gas jedermann schmerzlich vor Augen führte, konnten die Chefs der bayerischen Regierungsparteien, Markus Söder und Hubert Aiwanger, relativ problemlos den Mantel des Schweigens über ihre Meinungsverschiedenheiten breiten. Söder nahm zähneknirschend hin, dass sein Wirtschaftsminister kein Förderer der großen Stromtrassen ist.

    Vergangene Woche schepperte es gewaltig zwischen Bayern und Berlin

    Aiwanger fügte sich widerwillig der umstrittenen 10H-Abstandsregel für Windräder. Ernsthafte Versuche, sich zu verständigen und ein tragfähiges Gesamtkonzept in der Energiepolitik vorzulegen, sind nicht dokumentiert. Um des lieben Friedens in der Koalition willen wurde das Thema auf die lange Bank geschoben. Es gab ja billiges Gas.

    Vergangene Woche schepperte es dann gewaltig. Habecks Gesetzentwurf zum Ausbau der Windkraft an Land enthüllte, wie weit CSU und Freie Wähler voneinander entfernt sind. Aiwanger nahm den Vorschlag aus Berlin demonstrativ gelassen. Er ließ wissen, dass Bayern die Vorgaben des grünen Wirtschaftsministers mit der gerade erst beschlossenen leichten Lockerung der 10H-Regel erfüllen könne. Bauminister Christian Bernreiter (CSU) dagegen schimpfte, was das Zeug hielt. Er nannte Habecks Vorschlag „perfide“ und warf ihm vor, seine Pläne mit der Brechstange und gegen den Willen der Menschen in Bayern durchsetzen zu wollen. Man darf davon ausgehen, dass der Bauminister das nicht ohne Rücksprache mit Söder so harsch formulierte.

    Und dann kam es wie so oft in der Vergangenheit: Es wird einfach nicht mehr darüber geredet. In der Energiepolitik funktioniert diese Methode deshalb so gut, weil Entscheidungen oder ihre Vertagung auf diesem Politikfeld erst mittel- und langfristig Wirkung entfalten.

    Jetzt rächt sich, was in der Staatsregierung über Jahre versäumt wurde

    Aktuell rächt sich, was in dem Jahrzehnt seit dem Beschluss über den Atomausstieg versäumt wurde. Der Bau der Stromtrassen geht bestenfalls in kleinen Trippelschritten voran. Der Ausbau der Windkraft ist mit der 10H-Regel faktisch zum Erliegen gekommen. Gemessen an seiner Größe liegt Bayern bei der Windkraft an letzter Stelle der Flächenländer. Wenn sich daran mittelfristig etwas ändern soll, dann müssten jetzt die Weichen gestellt werden.

    Die Aussage des Bauministers, Habeck wolle Windräder gegen den Willen der Menschen durchsetzen, darf bezweifelt werden. Erst jüngst haben sich Bund Naturschutz, der DGB in Bayern und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft klar für den Ausbau der erneuerbaren Energien positioniert. Das macht deutlich: Es geht dabei um den Klimawandel, um Arbeitsplätze und um den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg. Darüber sollte geredet werden. Totschweigen ist keine Lösung.

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