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Kommentar: Die CSU sorgt für Amüsement, aber sie leidet an sich selbst

Kommentar

Die CSU sorgt für Amüsement, aber sie leidet an sich selbst

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    Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, beim Patronatstag der Bayerischen Gebirgsschützen. Seiner Partei ist die Selbstgewissheit abhanden gekommen.
    Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, beim Patronatstag der Bayerischen Gebirgsschützen. Seiner Partei ist die Selbstgewissheit abhanden gekommen. Foto: Uwe Lein, dpa

    Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die CSU Bayern gut regiert. Fest steht dagegen, dass sie die politisch interessierten Bürgerinnen und Bürger bestens unterhält. Allein in den vergangenen 14 Tagen trug die

    Erst der Parteitag Ende April mit dem Bekenntnis des Parteichefs zur Schnitzel- statt zur Avocado-Etage – was an der proklamierten Weltoffenheit der CSU zweifeln ließ und Markus Söder einigen Ärger mit den Gemüse-Fans in den eigenen Reihen einbrachte. Dann das Spektakel um die Generalsekretäre – der eine musste zurücktreten, weil er in seinem verständlichen Zorn über eine Boulevard-Geschichte komplett die Beherrschung verloren hatte, beim anderen wird, kaum dass er im Amt ist, seine Redlichkeit als Doktorand angezweifelt. Parallel dazu die Fortsetzungsgeschichten rund um die Maskenaffäre – mit CSU-Zeugen im Untersuchungsausschuss, die wahlweise nichts über horrende Provisionen wissen oder sagen wollen. Und zuletzt der Mini-Eklat im Landtag, als der CSU-Abgeordnete und Söder-Vertraute Ernst Weidenbusch den Bayerischen Obersten Rechnungshof – immerhin ein Verfassungsorgan – der Münchner „Kulturmafia“ zurechnete. Die Rechnungsprüfer fielen bei der CSU in Ungnade, weil sie es gewagt hatten, mutmaßliche Geldverschwendung beim Deutschen Museum in Nürnberg – einem Vorzeigeprojekt Söders – anzuprangern.

    Vor-

    Urteile über die CSU scheinen sich zu bestätigen

    Wer all das zu einem Sittenbild komponiert, findet sämtliche alten (Vor-)Urteile über die CSU bestätigt: Arroganz der Macht, profitable Amigo-Netzwerke, Karrierestreben und – nicht zuletzt – Scheinheiligkeit. Dass die beiden Generalsekretäre und eine Schlüsselfigur der Maskenaffäre aus dem Stimmkreis Altötting stammen, also aus der härtesten Bastion des Katholizismus in Bayern, kommt für politische Feinschmecker als Sahnehäubchen oben drauf.

    Markus Söder ist nicht amüsiert. Er leidet unter dieser, aus seiner Sicht völlig unzulässigen Vermischung all dieser Geschichten. Er weiß um die Macht von Vorurteilen und Klischees im politischen Meinungskampf. Und er fürchtet zu Recht, dass es bis zur Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres nicht einfacher werden wird.

    Die CSU leidet unter ihren Skandalen

    Einige seiner Gegenargumente sind begründet. Die CSU hat aus der Maskenaffäre harte Konsequenzen gezogen. Sie hat sich von den Geschäftemachern in ihren Reihen getrennt und den Abgeordneten strengere Regeln auferlegt, um einer moralisch unzulässigen Verquickung von Geschäft und Mandat einen Riegel vorzuschieben. Auch die Ereignisse, die zum Rücktritt des Generalsekretärs führten, können der Partei nicht angelastet werden. Es ist eine sehr persönliche und obendrein menschlich tragische Geschichte. Und die Sache mit den Doktorarbeiten? Der neue Generalsekretär reiht sich zwar ein in eine lange Liste von CSU-Politikern, die als „CSU-Wissenschaftler“ zu akademischen Ehren kamen. Doch anders als einst bei Karl Theodor zu Guttenberg handelt es sich bei ihm – wenn überhaupt – um einen minder schweren Fall.

    Dass die CSU – wie zum Beispiel im Fall des Rechnungshofs – auf echte und mutmaßliche Affären dünnhäutiger reagiert als früher, hat einen tieferen Grund: Sie ist sich ihrer selbst nicht mehr sicher. Einst errang sie trotz ihrer Skandale satte Mehrheiten, besonders wenn im Bund die SPD die Regierung anführte. Von diesem Effekt ist in den Umfragen bisher nichts zu spüren. Söder kann nur auf die Schwäche seiner Gegenkandidaten hoffen. Warum ihn alle wählen sollen, Schnitzel- und Avocado-Esser, hat er noch nicht erklären können.

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