Es ist wirklich unfassbar und schrecklich, wie weit manche Menschen gehen, um ihrem Frust über die Corona-Maßnahmen Ausdruck zu verleihen. Sie vergleichen ihre eigene Situation – dass sie in der U-Bahn eine Maske tragen müssen oder nur geimpft ins Kino gehen dürfen – mit dem Schicksal, dem Leid und der Verfolgung von Millionen Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus. Das ist nicht nur ein krasses Missverhältnis, sondern einfach nur erschreckend. Und gehört, wenn es ein Straftatbestand ist, auch umgehend und konsequent geahndet.
Es ist beschämend, dass sich Antisemitismus wieder ausbreiten konnte
Man muss natürlich festhalten: Nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Corona-Demos sind Antisemiten. Man darf die verschiedenen Gruppierungen, die sich zu solchen Protesten zusammentun, nicht alle gleichsetzen. Aber: Wer bei solchen Kundgebungen dabei und eigentlich friedlich gestimmt ist, darf trotzdem nicht einfach stumm hinnehmen, dass neben ihr und neben ihm antisemitische Hetzparolen verbreitet werden. Auch wer einfach nur mit der Corona-Politik unzufrieden ist und darauf hinweisen möchte, macht sich schuldig, wenn er oder sie nicht dagegen aufbegehrt, dass in den Reihen der Protestierenden Judenhass verbreitet wird.
Wenn das geschieht, ist der Vorwurf einer "deutschen Trägheit", wie es ein jüdischer Aktivist formuliert, absolut berechtigt. Es ist beschämend, dass sich Antisemitismus in Deutschland auf dem Nährboden der Pandemie wieder derart ausbreiten konnte. Dass die bayerische Justiz antisemitische Straftaten nun besonders hart verfolgt, ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Doch jeder Einzelne ist gefragt, sich dagegen zu stellen und etwas gegen Judenhass zu unternehmen.