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Kommentar: An der Kinderbetreuung zu sparen, schadet Frauen, der Wirtschaft und der Demokratie

Kommentar

An der Kinderbetreuung zu sparen, schadet Frauen, der Wirtschaft und der Demokratie

Christina Heller-Beschnitt
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    Arbeiten mit Kind ist für viele Frauen schon jetzt eine Herausforderung, weil die Kitabetreuung nur lückenhaft funktioniert.
    Arbeiten mit Kind ist für viele Frauen schon jetzt eine Herausforderung, weil die Kitabetreuung nur lückenhaft funktioniert. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Am Ende läuft es auf eine Frage hinaus: Was wollen wir uns als Gesellschaft leisten? Leider lautet die Antwort bei vielen Dingen, die Kinder und Familien betreffen: wenig bis nichts. Vor gut einer Woche hat in Bayern das neue Kitajahr begonnen. Damit stehen viele Eltern vor bekannten Problemen. Zum einen gibt es fast nie genügend Betreuungsplätze. Zum anderen werden auch in diesem Jahr wahrscheinlich wieder Gruppen schließen müssen, Krankheitswellen den Kitabetrieb durcheinander wirbeln. Familien und Berufsleben wird also weiterhin schwer vereinbar bleiben. Doch zu all diesen Sorgen ist eine neue hinzugekommen: das Geld. Denn viele Kommunen und Kita-Träger haben zum September ihre Gebühren teils massiv erhöht.

    Nun ist es so, dass für Eltern in Bayern Krippenplätze teuer sind und Kindergärten gut gefördert werden, also weniger kosten. Auch für Kinder im Krippenalter zahlt der bayerische Staat das Familiengeld, was die Kosten für Familien theoretisch senkt. Bei Krippenkosten um die 500 Euro im Monat gucken viele Eltern dennoch neidisch auf Bundesländer wie Berlin, Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern, wo die Betreuung kostenlos ist. In Bayern könnte die diesjährige Preissteigerung dagegen erst der Anfang gewesen sein, denn die Kassen vieler Kommunen sind leer. Das bliebe nicht ohne Folgen, für Familien, Frauen, die Wirtschaft des Landes - und die Gerechtigkeit.

    Wer möchte, das Frauen arbeiten, braucht zu erste eine sichere Kinderbetreuung

    Beginnen wir mit den Frauen: Höhere Kita-Gebühren setzen einen Kreislauf in Gang, der sich ohnehin schon verschärft hat. Familien rechnen durch, ob sich Kinderbetreuung wirklich lohnt. Wenn nein, steht in den meisten Fällen immer noch die Erwerbstätigkeit der Mutter zur Debatte. Klar können Mütter zu Hause bleiben oder wenig arbeiten. Das bringt aber Nachteile für sie selbst (Stichwort: Altersarmut) und für die Wirtschaft mit sich. Letzterer fehlt schon jetzt gut ausgebildetes Personal. Das heißt: Eine Politik, die möchte, dass Frauen arbeiten, muss an erster Stelle gute, verlässliche Kinderbetreuung sicherstellen. Womit sich der Kreis zu den Kommunen schließt. Dass deren Kassen so klamm sind, liegt auch an der schlechten wirtschaftlichen Lage. Wenn dann auch noch die Fachkräftelücke wächst, weil Frauen ja zu Hause die Kinder betreuen, löst das aber wohl keinen Aufschwung aus.

    Und überhaupt: Schon jetzt sinkt die Zahl der Geburten. Paare entscheiden sich dagegen, Kinder zu bekommen. Ein Grund ist auch, wie schwer die Vereinbarkeit noch immer gelingt. Das könnte übrigens nicht nur für Frauen im Inland ein Grund sein, kinderlos zu bleiben. Sondern auch weibliche Fachkräfte aus dem Ausland (Pflegepersonal zum Beispiel) daran hindern, überhaupt ins Land zu kommen. Aber das nur am Rande.

    Gute Kitas sind der erste Baustein auf dem Weg zur Bildungsgerechtigkeit

    Kommen wir zur Gerechtigkeit: Teure Kinderbetreuung können sich vor allem jene nicht leisten, die wenig(er) verdienen. Deren Aufstiegschancen sind schon heute schlecht. Denn in Deutschland hängen Bildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten stark von der Herkunftsfamilie ab. Aber Bildung beginnt nicht in der ersten Klasse. Sie beginnt in einer guten Kita. An Kitas zu sparen, deren Finanzierung vor allem in die Hände der Eltern zu legen, verschärft die Ungleichheit im Land, verringert die Teilhabe. Und das, wo Studien doch zeigen, dass vor allem bei ärmeren Menschen das Vertrauen in die Demokratie schwindet.

    Ja, vermutlich ließen sich Kita-Gebühren auch in Bayern ans Einkommen anpassen. Aber bei Sparmaßnehmen immer zuerst bei Kindern und Familien zu streichen, ist sehr kurzfristig gedacht.

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