Es gibt Länder, die schauen besonders auf die Jüngsten in der Gesellschaft. Frankreich zum Beispiel: Dort stand gleich zu Beginn der Pandemie fest, dass das Erwachsenenleben massiv eingeschränkt wird, damit die Kitas und Schulen offen bleiben können. Oder Dänemark: Nach dem Lockdown durften die Jüngsten als Erste wieder in die Einrichtungen zurück und die Schulen blieben geöffnet.
Bayern gehört leider nicht zu den kinder- und jugendfreundlichen Regionen Europas – das beweist die Landesregierung in den zwei Pandemiejahren immer wieder, obwohl sie nicht müde wird, geradezu Gegensätzliches zu beteuern.
Strenge Maßnahmen für die Jüngsten fallen der Politik leichter
Ministerpräsident Markus Söder tut sich in Corona-Zeiten jedoch offenbar leichter, strenge Maßnahmen für die Jüngsten der Bevölkerung zu exekutieren als für die Erwachsenen. Nach dem Lockdown durften Baumärkte und Kosmetikstudios schneller öffnen als Schulen. Für Schulkinder gab es am „Arbeitsplatz“ früher 3G- und Maskenpflicht als für ihre arbeitenden Eltern. Anstatt vorausschauend zu agieren, wird dauernd geflickschustert, wie nun etwa mit der Testpflicht in den Kitas, die nach den Weihnachtsferien für alle Kita-Kinder ab einem Jahr gilt. Überraschung: Mit Schnelltests, die noch vor einem dreiviertel Jahr laut Freistaat als nicht kindgerecht galten und von denen nicht einmal klar ist, dass es im Januar genügend geben wird. Überraschung: Eltern sauer.
Der Freistaat nimmt den Teenagern die soziale und kulturelle Teilhabe
Und weil dies noch nicht genug an widersprüchlichen Aktionen aus München ist, gibt es ab 12. Januar noch das: Für 12- bis 17-Jährige gilt dann 2G. Das heißt: Wer nicht geimpft oder genesen ist, darf dann nicht mehr zum Vereinssport, nicht mehr in die Musikschule und ins Kino sowieso nicht. Damit nimmt der Freistaat den jungen Menschen die soziale und kulturelle Teilhabe, die für sie besonders wichtig ist. Das tut weh, ist unfair und umso ärgerlicher, weil damit eine Altersgruppe die leidtragende ist, die das geringste Risiko trägt, schwer an Corona zu erkranken oder auf einer Intensivstation betreut werden zu müssen. Zudem eine Altersgruppe, die so häufig wie keine andere getestet wird, die also auch ungeimpft höchstwahrscheinlich kein Superspreader sein wird – was man von ungetesteten Geimpften ja nicht sicher sagen kann. Dass es auch Impfdurchbrüche an Schulen und in Kitas geben kann, ignoriert die Landesregierung aber und befreit die dortigen Geimpften von den Testroutinen, sodass sich Corona weiterhin unbemerkt ausbreiten kann. 2G für Kinder und Jugendliche hat keinen Sinn, wenn man dem Virus auf die Spur kommen will.
Die Jungen und Mädchen dürfen nicht einmal frei entscheiden
Weil sich Millionen Erwachsene nicht impfen lassen wollen, sollen nun also die 12- bis 17-Jährigen diese Impflücke in der Bevölkerung ausgleichen, Minderjährige, die rein rechtlich nicht einmal selbst entscheiden dürfen, ob sie geimpft werden möchten. Die noch dazu davon abhängig sind, dass ihre Eltern ihnen den Piks ermöglichen. Und wenn nicht? Wie lange gibt’s dann kein Klavier oder Fußball?
Durch die kalte Impfpflicht hat der Freistaat weniger Arbeit
Die Strategie der Landesregierung hinter dieser kalten Impfpflicht ist klar: je mehr Geimpfte an Schulen und in Kitas, desto weniger Testaufwand; je mehr Eltern ihre Kinder impfen lassen, desto weniger muss der Freistaat tun, um die Schulen und Kitas sicher zu machen. Söder sprach sich unlängst sogar für eine Impfpflicht für diese Altersgruppe aus – obwohl die nicht in der Entscheidungsbefugnis seines Kabinetts liegt. Musikunterricht und Sport wären dann schneller wieder für Jugendliche möglich, sagte er im Fernsehen bei „jetzt red i“. Dabei hätten es Söder und sein Kabinett in der Hand, noch schneller für Freiheiten zu sorgen: 3G für Minderjährige, das ist kinder- und jugendfreundlich.