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Klimawandel: Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Klimawandel

Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

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    Für die Kahlflächen im Waldstück bei Affing ist der Borkenkäfer verantwortlich.
    Für die Kahlflächen im Waldstück bei Affing ist der Borkenkäfer verantwortlich. Foto: Stephanie Sartor

    Unter den Füßen kracht und knirscht es. Am Boden liegen Äste und Zweige – die Reste der Bäume, die hier, in einem Waldstück in der Nähe von Affing im Landkreis Aichach-Friedberg, bis vor Kurzem standen. Heute ist der einst bewaldete Hügel eine kahle Fläche, aus dem schlammigen Boden ragen nurmehr karge Baumstümpfe. Ein Extremfall, freilich. Und trotzdem zeigt dieser Ort symbolisch, wie es den Wäldern in Bayern geht: nämlich immer schlechter. 

    Dass die Lage ernst ist, geht aus dem Waldbericht des bayerischen Forstministeriums hervor. Die Fichte etwa, die häufigste Baumart in Bayern, erreicht den schlechtesten Wert seit Beginn der Untersuchungen. Hitze und Dürreperioden infolge des Klimawandels hätten massive Auswirkungen auf die Wälder, heißt es im Bericht. Die trockene und heiße Witterung begünstige zudem die Entwicklung der Borkenkäfer, sodass es zu einer Massenvermehrung kam.

    Für die massiven Waldschäden ist der Borkenkäfer verantwortlich

    Der winzige Schädling ist auch für die Kahlflächen im Waldstück bei Affing verantwortlich. "Das ist die größte Borkenkäferfläche, die wir in unserem Bereich haben", sagt Ralf Gang, Leiter des Bereichs Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Augsburg, dessen Dienstgebiet die Landkreise so viel Käferholz an, dass man die Lage nur noch schwer in den Griff bekommt", sagt er. "Hier könnte es passieren, dass wir ein ganzes Waldgebiet einfach verlieren."

    Der Hang sei nach Süden ausgerichtet, im Sommer brenne die Sonne mit ganzer Wucht auf die Bäume. "Das ist natürlich ein Extremfall, die Schäden sind hier sehr konzentriert. Aber trotzdem muss man sagen, dass wir in unserem ganzen Bereich Probleme haben." Gang befürchtet, dass es vielerorts bald so massive Schäden geben könnte wie in Nordbayern. "Allein in Oberfranken gibt es mehr als 5000 Hektar Kahlflächen. Die Fragen, die uns umtreiben, sind: Schaut es bei uns in fünf Jahren auch so aus? Oder erst in 20 Jahren? Wie viel Zeit haben wir?"

    "Das ist die größte Borkenkäferfläche, die wir in unserem Bereich haben", sagt Ralf Gang, Leiter des Bereichs Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Augsburg, über ein Waldstück bei Affing.
    "Das ist die größte Borkenkäferfläche, die wir in unserem Bereich haben", sagt Ralf Gang, Leiter des Bereichs Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Augsburg, über ein Waldstück bei Affing. Foto: Stephanie Sartor

    Dass vor allem der Norden des Freistaats betroffen ist, geht auch aus dem Waldbericht hervor. Besonders angespannt ist demnach die Lage in Mittel- und Oberfranken. Dort wurden die höchsten Nadel- und Blattverluste – nach diesen Kriterien wird der Zustand der Bäume bewertet – festgestellt. 

    Wegen der Trockenheit sind die Bäume nicht mehr so widerstandsfähig

    "Bis zum Sommer standen hier Bäume", sagt Gang und stapft über den matschigen Waldboden. "Der überwiegende Teil war vom Borkenkäfer befallen." Die Insekten würden vom Klimawandel profitieren, erklärt Gang. Die Bäume seien wegen der Trockenheit nicht mehr so widerstandsfähig, die Käfer, die unter der Rinde leben, würden bei Wärme früher ausfliegen. "Früher war die Anlage von drei Käfer-Generationen eher die Ausnahme. Heute gibt es bereits des Öfteren eine vierte." Bis auf der Waldfläche alle Bäume gefällt waren, habe es gedauert, fährt der Forst-Experte fort. "Der Waldbesitzer dachte zuerst, dass es sich um einen kleinen Befall handelt. Er hat die Situation leider unterschätzt – und die Käfer konnten sich massiv vermehren." 

    Wie sehr ein Borkenkäfer-Befall einem Baum zu schaffen macht, zeigt sich an einer Fichte, die am Rande der abgeholzten Kahlfläche steht. "Der Baum lebt noch, aber er hat keine Chance", sagt Gang. Große Teile der Rinde fehlen bereits, die Krone indes ist noch grün. "Aber sobald die erste Trockenperiode kommt, wird die Krone rot werden und der Baum stirbt." Den Sommer würde der Baum nicht überleben – Gang zufolge wird er aber ohnehin nicht mehr so lange hier stehen. "Der Baum muss spätestens Ende März weg. Um zu verhindern, dass sich die Käfer darin noch mehr vermehren." 

    Wie kann der Wald dem Klimawandel trotzen?

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beschäftigen sich seit Langem mit der Frage, wie er denn sein müsste, der Wald der Zukunft. Ein Wald also, der es schafft, dem Klimawandel zu trotzen. Einer, der sich mit dieser Thematik befasst, ist Professor Rupert Seidl vom Lehrstuhl für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der Technischen Universität München (TUM). Derzeit dominierten in den Wäldern Deutschlands vielerorts vor allem Fichten, sagt er. "In den letzten 200 Jahren wurde diese Art verstärkt angebaut, als Antwort auf die Holzknappheit. Denn Fichten wachsen relativ schnell." 

    Eigentlich, fährt Seidl fort, würde die Fichte aber gar nicht überall in die hiesigen Breiten passen, weil es ihr vor allem in den Tieflagen zu warm sei. "Und jetzt kommt auch noch der Klimawandel dazu." Aber nicht nur die Fichten litten, sondern auch Kiefern und Buchen. Hitze und Wassermangel würden dazu führen, dass die Bäume nicht mehr genügend Energie hätten, um zu überleben, erklärt Seidl. 

    Ein Baum, an dem der Borkenkäfer deutliche Spuren hinterlassen hat.
    Ein Baum, an dem der Borkenkäfer deutliche Spuren hinterlassen hat. Foto: Stephanie Sartor

    Für die Zukunft sei es wichtig, Wälder so zu gestalten, dass unterschiedliche Bäume nebeneinander wachsen. "Ein diverser Wald ist ein resilienter Wald", sagt Seidl. Und so dramatisch die Lage auch sei: Die aktuellen Waldschäden böten auch Chancen. "Auf den Flächen, auf denen jetzt geschädigte Bäume verschwinden, kann ein neuer, klimafitter Wald entstehen." Seidl zufolge müssten künftig unterschiedliche Arten, sowie kleine und große, junge und alte Bäume gemischt werden. Das Ziel müsse ein Wald sein, der strukturreich ist. "Wenn etwa Bäume durch Sturm geschädigt werden, was vor allem die großen Bäume betrifft, dann hat man mit der gleichzeitig vorhandenen Baumverjüngung so schon die neuen Generationen in den Startlöchern. So kann auch bei Schadereignissen die Schutzfunktion des Waldes, etwa im Gebirge, erhalten bleiben." 

    Im Wald bei Affing gibt es schon erste Schritte in diese Richtung. Forst-Experte Gang deutet den Hügel hinunter. "Da wurden schon junge Buchen gepflanzt", sagt er. "Und da hinten sieht man mehrere Kiefern und auch eine Tanne." Künftig könnten Gang zufolge auch neue Baumarten wie die Douglasie eine größere Rolle spielen. "Auch die Eiche hält mehr Trockenheit aus, aber auch sie hat ihre Grenzen." Beim Wald der Zukunft komme es deswegen auf eines an: "Mischen, mischen, mischen." 

    Der Klimawandel macht dem Wald zu schaffen. Deswegen muss er sich verändern. Im Podcast "Augsburg, meine Stadt" sagt Försterin Eva Ritter, wie unser Wald deswegen in hundert Jahren aussehen wird.

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