Trotz der regenreichen Wintermonate steuert Bayern langfristig auf einen Wassernotstand zu. Seit der Jahrtausendwende hat der Freistaat etwa ein Fünftel seiner Wasservorräte verloren. "So ein Winter wie dieser reicht nur aus, um die Situation für dieses Jahr nicht zu verschlimmern", sagt Juliane Thimet, Wasserexpertin beim Bayerischen Gemeindetag. "Die Situation ist maximal besorgniserregend."
Seit Jahren drängen Experten daher auf einen sorgsameren Umgang mit Wasser. Auch, weil sich in Bayern bislang alle kostenlos an Grund- und Oberflächenwasser bedienen können. Ein Wasserentnahmeentgelt, wie es in 13 Bundesländern fällig ist, erhebt der Freistaat bislang nicht. 2018 hat die Koalition aus CSU und Freien Wählern eine solche Abgabe angekündigt. Passiert ist allerdings nichts. Zuletzt hieß es, dieser "Wassercent", der so heißt, aber deswegen nicht einen Cent betragen muss, solle nach der Landtagswahl kommen.
Umweltminister Glauber sagt: "Der Wassercent wird kommen."
Den Grünen im Landtag geht das nicht schnell genug. Seit Jahren fordere man ein Wasserentnahmeentgelt, um die gewaltigen Aufgaben der Wasserwirtschaft beim Grundwasser- und Hochwasserschutz zu finanzieren, betont Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. "Die Söder-Aiwanger-Regierung scheint die Dringlichkeit langsam auch zu sehen, sie handelt aber trotzdem nicht. Auch in diesem Doppelhaushalt wird es wieder kein Wasserentnahmeentgelt geben und die Maßnahmen der Wasserwirtschaft werden aufgrund der höheren Kosten weiter zusammenschrumpfen. Das ist fatal.“
Umweltminister Thorsten Glauber betont dagegen: „Der Wassercent wird kommen." Das Thema Wassersicherheit habe in Bayern oberste Priorität, versichert der Freie-Wähler-Mann. Wer die Abgabe bezahlen soll und wie hoch sie sein wird, dazu gibt es keine konkrete Aussage. Mit den Einnahmen aus dem Wassercent sollten ausschließlich wasserwirtschaftliche Vorhaben und Maßnahmen des effektiven Wasserschutzes sowie der nachhaltigen Wasserbewirtschaftung finanziert werden.
Trinkwasser ist schon teurer – und wird noch teurer werden
Thimet zweifelt am Nutzen des geplanten Wassercents. Sinn mache dieser nur, wenn die Einnahmen komplett für den Grundwasserschutz verwendet würden, wonach es aber nicht aussieht. "Letztlich ist das eine Geldumverteilung. Das Entgelt erhöht den Preis für jeden Kubikmeter Wasser."
In Bayern ist Trinkwasser in den letzten Jahren teurer geworden. Und die Preise werden nach Thimets Einschätzung weiter steigen. Im Schnitt zahlten Verbraucher 1,78 Euro pro Kubikmeter. Das sind acht Prozent mehr als 2019 – und ein Plus von 50 Prozent im Vergleich zu 2005. Regional sind die Unterschiede eklatant: In Penzing im Kreis Landsberg haben sich die Gebühren zuletzt mehr als verdoppelt – von 1,19 auf 2,90 Euro pro Kubikmeter. In Hopferau im Ostallgäu zahlen Kunden dagegen nur 29 Cent pro Kubikmeter, in einzelnen Gemeinden im Kreis Aschaffenburg dagegen mehr als fünf Euro.
Erste Klagen gegen Wasserentnahme wurden bereits eingereicht, weitere werden folgen
Zugleich nimmt der Kampf ums Wasser, das in Bayern ungleich verteilt ist, zu. Über eine 100 Kilometer lange Fernleitung erhalten 1,2 Millionen Menschen im Großraum Nürnberg Trinkwasser, das an der Lech-Donau-Mündung in Nordschwaben gewonnen wird. 30 Millionen Kubikmeter sind pro Jahr geflossen. Doch das reicht den Franken nicht mehr, künftig wollen sie gut 52 Millionen Kubikmeter jährlich entnehmen. Das zuständige Landratsamt Donau-Ries hat dem Wasserzweckverband Fränkischer Wirtschaftsraum die Pläne genehmigt. In Nordschwaben hat die betroffene Gemeinde Genderkingen Klage gegen den Bescheid eingereicht, drei weitere Kommunen wollen nachziehen. "Wir wollen keine Ausweitung der Wasserlieferung. Sonst zahlen die Bürger hier die Zeche", sagt Genderkingens Bürgermeister Leonhard Schwab.