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Kita-Notbetreuung: Erzieherinnen in der Notbetreuung: "Unsere Kräfte sind am Ende"

Kita-Notbetreuung

Erzieherinnen in der Notbetreuung: "Unsere Kräfte sind am Ende"

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    Zusammen essen, trösten und wickeln: Vieles davon funktioniert in Kitas nicht mit Sicherheitsabstand. Noch dazu ist die Notbetreuung in vielen Kindergärten überfüllt.
    Zusammen essen, trösten und wickeln: Vieles davon funktioniert in Kitas nicht mit Sicherheitsabstand. Noch dazu ist die Notbetreuung in vielen Kindergärten überfüllt. Foto: dpa

    Im Herbst noch war Claudia Lautenbacher eine klare Befürworterin der Regel, dass Kinder mit leichten Krankheitssymptomen in die Kindertagesstätten können. Schließlich gehören zur kalten Jahreszeit Schnupfennasen zu einer Kita wie Gummistiefel und Matschhose. Nun aber hat die Leiterin des evangelischen Kindergartens in Bobingen (Kreis Augsburg) ihre Meinung geändert – und das hat sie auch an Sozialministerin Carolina Trautner geschrieben. „Ich sehe die Not der Kinder und der Familien, aber bei alledem kommt der Schutz der Erzieherinnen und Erzieher zu kurz.“ Eine Erzieherin aus einer Kita im Landkreis Landsberg, die nicht genannt werden möchte, drückt es in einem Schreiben an unsere Redaktion noch drastischer aus: „Wir Kita-Fachkräfte fühlen uns allein gelassen. (...) Unsere Kräfte sind am Ende. (...) Wir sind schockiert, wie mit unserer Berufsgruppe umgegangen wird.“

    Im Frühjahr gab es nur Notbetreuung für Eltern in systemrelevanten Jobs

    Deutschland befindet sich im zweiten Lockdown, die bayerischen Kitas laufen wieder im Notbetrieb. Im Vergleich zum ersten Lockdown, als hauptsächlich Eltern mit systemrelevanten Berufen oder Alleinerziehende ihre Kinder in die Notbetreuung geben durften, sind nun alle Eltern berechtigt, die eine Kinderbetreuung brauchen und keine andere Möglichkeit der Betreuung organisieren können. Das Sozialministerium appelliert an die Eltern, die Notbetreuung nur als absolut letztes Mittel zu sehen. „Uns ist bewusst, dass die aktuelle Situation Erzieherinnen und Erzieher vor große Herausforderungen stellt“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Es handle sich um einen „Kompromiss zwischen den Interessen der Familien und den Interessen der Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen“.

    Die verschärften Corona-Regeln in Schulen und Kitas treffen Familien und vor allem alleinerziehende Mütter und Väter hart.
    Die verschärften Corona-Regeln in Schulen und Kitas treffen Familien und vor allem alleinerziehende Mütter und Väter hart. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Momentan wird laut Sozialministerium durchschnittlich rund ein Fünftel aller Kita-Kinder in den Einrichtungen betreut. In den Großstädten liegen die Betreuungsquoten jedoch wesentlich höher. Augsburg etwa spricht von 65 Prozent der Kinder. Gerd Schnellinger, stellvertretender Landesvorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW Bayern, kennt Kitas in München, in denen 90 Prozent der Kinder betreut werden. „Das ist fast Normalbetrieb“, kritisiert er im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Voraussetzungen für eine Notbetreuung seien zwar gelockert worden, doch in Bezug auf den Infektionsschutz sei zu wenig geschehen. Inzwischen sei es erwiesen, dass auch Kinder das Virus weiterverbreiten können.

    Kita-Leiterin schreibt wütenden Brief an Ministerin Carolina Trautner

    Das sieht auch Kindergarten-Leiterin Claudia Lautenbacher so. Sie befindet sich wie so viele andere aus ihrer Berufsgruppe gerade in einem Dilemma. Auf der einen Seite weiß sie um ihre immens wichtige Arbeit für die Kinder und Familien, auf der anderen Seite weiß sie auch, wie schlecht sie und ihre Kolleginnen sich vor einer Absteckung schützen können. Trösten und Wickeln funktionieren nun einmal nicht mit zwei Metern Abstand. Also seien sie darauf angewiesen, mit möglichst wenig Krankheitserregern konfrontiert zu werden. Für die Erzieherin ist es daher nicht nachvollziehbar, weshalb in Lockdown-Zeiten, noch dazu, wo Experten vor einem mutierten Virus warnen, Kinder mit leichten Krankheitssymptomen wie Schnupfen und Husten die Kita besuchen dürfen. „Das Personal muss dann mit den Eltern diskutieren, ob die gelbe Schnupfennase leichte oder schon schwere Symptome sind. Wir sind doch keine Ärzte“, sagt die Kindergartenleiterin.

    Ministerin Carolina Trautner steht bei Erzieherinnen gerade nicht gut da.
    Ministerin Carolina Trautner steht bei Erzieherinnen gerade nicht gut da. Foto: Ulrich Wagner

    Sie hat die Problematik Ministerin Trautner geschildert. „Nirgends steht etwas darüber, was zum Schutz der Erzieherinnen unternommen wird! Wir sind darauf angewiesen, dass Eltern den Ernst der Lage richtig einschätzen“, schrieb sie. Das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium sehen aktuell keinen Änderungsbedarf. Eltern würden sonst noch größere Betreuungsprobleme bekommen, heißt es. Außerdem würden die Kinder ihres Rechts auf Bildung beraubt, ließe man sie bei jeder leichten Symptomatik daheim, heißt es aus dem Sozialministerium.

    Claudia Lautenbacher weist dies zurück: „Lieber bleibt doch ein Kind ein paar Tage daheim und kuriert sich aus, als dass sich eine ganze Gruppe infiziert und gar geschlossen werden muss. Dann haben noch viel mehr Familien Probleme.“ Inklusive der Erzieherinnen und ihre Angehörigen.

    Kostenlose Masken für das Kita-Personal?

    Die Sorgen und Ängste des Kita-Personals sind auch Doris Rauscher, der sozialpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, bekannt. Sie setzt sich für einen Drei-Stufen-Plan ein: kostenlose FFP2-Masken für das Kita-Personal, wöchentliches Angebot von Team-Testungen vor Ort und schnellere Impfmöglichkeiten für das Kita-Personal. Auch hier sieht das Sozialministerium keinen Handlungsbedarf. Das Personal könne sich kostenlos beim Arzt testen lassen. Die Berufsgruppe gehöre bereits zur erhöhten Priorität (Position 3 im Impfplan). Für die Beschaffung von FFP2-Masken in Kitas habe der Freistaat bereits zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Außerdem seien für den Arbeitsschutz die Träger der Kindertageseinrichtungen zuständig.

    In dieser Reihenfolge wird in Deutschland gegen Corona geimpft

    Die Reihenfolge der Impfungen ist in einer Verordnung des Gesundheitsministeriums festgelegt.

    Zunächst sollen Menschen an die Reihe kommen, die unter "höchste Priorität" eingestuft sind. Dazu gehören Bürgerinnen und Bürger, die älter als 80 Jahre sind, ...

    ...genauso wie Menschen, die in Pflegeheimen betreut werden oder dort arbeiten.

    Auch Pflegekräfte in ambulanten Diensten und Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit erhöhtem Expositionsrisiko gehören dazu. Darunter fallen: Mitarbeiter in Corona-Impfzentren, Notaufnahmen oder Intensivstationen.

    "Höchste Priorität" haben außerdem Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, die Risikogruppen behandeln. Darunter ist zum Beispiel die Transplantationsmedizin gelistet.

    Als nächstes sollen Menschen geimpft werden, die unter "hohe Priorität" kategorisiert sind. In erster Linie sind das jene, die über 70 Jahre alt sind.

    Auch wer bestimmte Erkrankungen oder Behinderungen aufweist, fällt in diese Kategorie. Dazu gehören Trisomie 21 und Demenz. Auch wer eine Organtransplantation hatte, wird mit hoher Priorität geimpft.

    Es genügt außerdem, Kontaktperson von Menschen in Risikogruppen zu sein, um mit hoher Priorität geimpft zu werden werden. Dazu gehören enge Kontaktpersonen von Menschen über 80, von Schwangeren oder Bewohnern von Pflegeheimen. Auch Personen, die in Einrichtungen für Senioren oder für Menschen mit geistiger Behinderung leben, sollen mit hoher Priorität geimpft werden. Außerdem fallen Pflegerinnen und Pfleger, die Menschen mit Behinderung stationär oder ambulant betreuen, in diese Kategorie.

    Auch bestimmte Berufsgruppen sollen schnell an die Reihe kommen. Vor allem solche, die in der Öffentlichkeit aktiv sind und viel Kontakt zu Bürgern haben. Dazu gehören Polizisten und Ordnungskräfte, die auf Demonstrationen unterwegs sind, sowie Mitarbeiter in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften oder Krankenhäusern.

    Als dritte Kategorie definiert das Gesundheitsministerium Menschen mit "erhöhter Priorität". Dazu gehört die Altersgruppe zwischen 60 und 70 Jahren.

    Außerdem sollen dann Menschen geimpft werden, die zwar in medizinischen Berufen arbeiten, aber einem niedrigerem Expositionsrisko ausgesetzt sind. Dazu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Laboren.

    Erhöhte Priorität haben auch Menschen mit folgenden Krankheiten: Adipositas, chronische Nierenerkrankung, chronische Lebererkrankung, Immundefizienz oder HIV-Infektion, Diabetes mellitus, diversen Herzerkrankungen, Schlaganfall, Krebs, COPD oder Asthma, Autoimmunerkrankungen und Rheuma.

    Auch bestimmte Berufsgruppen fallen in diese Kategorie. Darunter Lehrer und Erzieher, Polizisten, Regierungsmitarbeiter, Verwaltungsangestellte, Feuerwehrmänner und -frauen, Katastrophenschutz, THW oder Justiz.

    Erhöhte Priorität haben außerdem Menschen, die in kritischer Infrastruktur arbeiten. Dazu gehören Apotheken und Pharmawirtschaft, öffentliche Versorgung und Entsorgung, Ernährungswirtschaft, Transportwesen, Informationstechnik und Telekommunikation.

    Auch Personen mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen werden mit erhöhter Priorität geimpft.

    Wer nicht in eine dieser drei Kategorien fällt, wird ohne Priorität geimpft. Also erst dann, wenn Menschen aus diesen Kategorien an der Reihe waren.

    „Von dem Fördertopf wusste doch niemand und außerdem haben Kita-Leitungen gerade anderes zu tun, als sich mit Bürokratie zu befassen“, sagt GEW-Vertreter Schnellinger und fordert unbürokratische Hilfe für das Kita-Personal. Die würde seiner Meinung nach etwa so aussehen: Die Vorgaben der Notbetreuung müssten wie im ersten Lockdown geregelt werden, damit feste kleine Gruppen möglich sind, was aus epidemiologischer und auch pädagogischer Sicht Sinn mache. „Kitas werden im Moment vom Sozialministerium als Aufbewahrungseinrichtungen gesehen und nicht als Bildungseinrichtungen“, sagt Schnellinger. Dadurch fühlten sich Erzieherinnen und Erzieher als Aufpasser degradiert.

    Corona-Infektionsrisiko in Kitas über sieben Stunden lang

    Außerdem müsse der Freistaat dem Kita-Personal schnell und unbürokratisch kostenlose FFP2-Masken zur Verfügung stellen, damit sich die Männer und Frauen in den Einrichtungen besser vor einer Ansteckung schützen können. Im Gegensatz zu Supermarktkunden seien sie bis zu sieben Stunden einem Infektionsrisiko ausgesetzt. Außerdem seien die Masken auch für die Psyche wichtig, weil sie dem Personal etwas die Angst vor einer Ansteckung nehmen würden.

    Hilfreich wären laut Schnellinger auch bessere Informationen für Eltern über erweiterte Ansprüche auf Kinderkrankengeld und Entschädigung. Auch hier müsse eine bessere Lösung her. Es gebe Eltern, die es sich nicht leisten können, auf zehn Prozent des Nettoverdienstes zu verzichten und dann ihre Kinder in die Notbetreuung geben.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das Kita-Personal ist wegen der Notbetreuung zu Recht sauer

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