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Kirchenaustritte: So viele Mitglieder haben die Kirchen in der Region verloren

Kirchenaustritte

So viele Mitglieder haben die Kirchen in der Region verloren

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    Seit Anfang 2022 hat die Zahl der Kirchenaustritte in der Region rund um Augsburg einen Sprung nach oben gemacht.
    Seit Anfang 2022 hat die Zahl der Kirchenaustritte in der Region rund um Augsburg einen Sprung nach oben gemacht. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

    Das Wort, das Google vorschlägt, wenn man beginnt in die Suchleiste „Standesamt Augsburg“ einzutippen, ist nicht etwa "Eheschließung" oder "Geburtsurkunde". Es ist: „Kirchenaustritt“. Dass sich viele Menschen anhand der Suchanfrage nicht nur informieren wollen, sondern häufig direkt einen Termin vereinbaren, zeigt sich in den Zahlen.

    Schon länger ist der Trend zu beobachten, dass immer mehr Menschen aus der katholischen oder evangelischen Kirche austreten. Wie steht es um die Entwicklung der Zahlen in der Region? Leiden beiden Kirchen gleichermaßen unter dem Mitgliederschwund? Und was sind die Austrittsgründe?

    Was auf den ersten Blick auffällt: Bei allen 15 angefragten Standesämtern in der Region steigen die Austrittszahlen kontinuierlich. Von 2020 auf 2021 haben sie bei den meisten Standesämtern um etwa ein Drittel zugelegt. Der Trend hält an und hat sich von 2021 auf 2022 sogar noch einmal verstärkt. Bereits Mitte März (Stand 14./15. März) dieses Jahres sind die Austrittszahlen etwa beim Aichacher und Günzburger Standesamt halb so hoch, wie sie verteilt über das ganze vergangene Jahr waren. In Dillingen, Landsberg, Marktoberdorf, Neuburg an der Donau und Nördlingen sind sie schon höher als der Halbjahreswert von 2021.

    In Schwaben haben seit Anfang 2022 die Kirchenaustritte stark zugenommen

    Wie sich das auf die Mitgliedszahlen der beiden Kirchen auswirkt, lässt sich für das Jahr 2022 noch nicht sagen. Fest steht jedoch: In den vergangenen zehn Jahren waren die Schwankungen bei beiden Kirchen noch relativ konstant. Bei der evangelischen Kirche lässt sich aber eine größere Abweichung beobachten als bei der katholischen. Waren bei der evangelisch-lutherischen Kirche im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben, der den Regierungsbezirk

    Bei der katholischen Kirche in der Region hat sich dagegen bis 2020 kaum etwas verändert. Der Nordteil des Bistums Augsburg, der in etwa dem Regierungsbezirk Schwaben ohne dem Allgäu entspricht, ist von 2010 mit rund 846.600 Mitgliedern bis 2020 im Vergleich dazu nur um rund 6000 auf 840.400 Mitglieder gesunken. Aber: Mit einer Umstrukturierung des Bistums 2012 seien womöglich auch vereinzelte Pfarreien zum nördlichen Teil hinzugekommen oder weggefallen, erklärt ein Sprecher.

    Gerade die vergangenen Jahre sorgen wohl also für einen Wandel in den kirchlichen Statistiken. Doch was hat die Menschen dazu bewegt, ihre Mitgliedschaft in der Kirche zu beenden? Fest steht: Wer aus der Kirche austreten will, muss keinen Grund dafür angeben. Eine offizielle Statistik zu Austrittsgründen liegt den Standesämtern daher nicht vor.

    Kirchenaustritt: in den meisten Fällen ein langjähriger Entscheidungsprozess

    Anfang März ist aber im Rahmen einer Reihe des Sozialwissenschaftlichen Instituts der evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD) eine Studie erschienen, die der Frage nachgegangen ist. 1000 ehemalige evangelische und katholische Kirchenmitglieder, die seit 2018 die Kirche verlassen haben, haben darin ihren Weg und ihren Anlass zum Kirchenaustritt geschildert. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat die Befragung im Frühling 2021 durchgeführt.

    Das Ergebnis: Den einen konkreten Anlass für den Kirchenaustritt gibt es in den überwiegenden Fällen nicht. Vielmehr handelt es sich bei der Entscheidung zum Kirchenaustritt um einen Prozess. Im Durchschnitt dauerte dieser bei ehemaligen Evangelischen rund 3,1 Jahre, bei ehemaligen Katholiken 3,7 Jahre.

    Bei denjenigen Befragten, die allerdings einen konkreten Anlass genannt haben, ist ein Unterschied zwischen den beiden Konfessionen zu sehen. Während unter ehemaligen Evangelischen nur jeder Vierte ausgehend von einem bestimmten Anlass die Kirche verlassen hat, waren es bei den Katholiken 37 Prozent. Zu sehen ist auch, dass bei denjenigen Befragten mit einem bestimmten Austrittsanlass der Entscheidungsprozess schneller lief als ohne: Evangelische nach 1,8 Jahren, Katholiken nach 2,7 Jahren.

    Kindesmissbrauch und Kirchensteuer bewegt Menschen zum Kirchenaustritt

    Die ehemaligen Kirchenmitglieder konnten in der Studie mehrere Anlässe nennen, die sie letztendlich zu ihrem Austritt bewegt haben. Der am häufigsten angegebene Anlass, sowohl unter ehemaligen Katholiken als auch Evangelischen, war der Kindesmissbrauch durch kirchliche Funktionsträger. Rund vier von fünf ehemaligen katholischen Kirchenmitgliedern und rund zwei von fünf ehemaligen evangelischen Kirchenmitgliedern sind daraufhin aus der Kirche ausgetreten.

    Was an zweiter Stelle aus der Statistik hervorsticht, allerdings konfessionsbedingt nur bei der katholischen Kirche: Die Ablehnung von Homosexuellen, die rund drei von fünf ehemalige katholische Kirchenmitglieder zum Austritt veranlasst hat. Als zweit- beziehungsweise dritthäufigsten Anlass haben die Befragten Skandale um die Verschwendung finanzieller Mittel genannt.

    Weitere Gründe, denen die ehemaligen Kirchenmitglieder in der Studie zugestimmt haben, waren zum Beispiel "weil ich die Kirche ungläubig finde", wobei 85 Prozent aller ehemaligen Katholiken zustimmten. Was bei den ehemaligen Evangelischen mit 71 Prozent am meisten Zustimmung brachte: "Weil ich dadurch Kirchensteuer spare".

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