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Kirche: Vielfach-Ehrenbürger Benedikt: Ändert das Missbrauchsgutachten etwas daran?

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Vielfach-Ehrenbürger Benedikt: Ändert das Missbrauchsgutachten etwas daran?

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    2006 reiste eine Delegation aus Traunstein in den Vatikan, um dem damals erst seit wenigen Monaten amtierenden Papst Benedikt XVI. symbolisch die Ehrenbürgerwürde zu überbringen.
    2006 reiste eine Delegation aus Traunstein in den Vatikan, um dem damals erst seit wenigen Monaten amtierenden Papst Benedikt XVI. symbolisch die Ehrenbürgerwürde zu überbringen. Foto: Vatikan, dpa

    Als die in Regensburg ansässige Mittelbayerische Zeitung kürzlich für eine Online-Erhebung fragte: „Soll Ratzinger Ehrenbürger bleiben?“ und ein Ja- und ein Nein-Kästchen zum Anklicken zur Auswahl anbot, regte das Verteidigerinnen und Verteidiger des emeritierten Papstes Benedikt XVI. auf. Sie sehen eine Kampagne gegen den fast 95-Jährigen am Werk, die nicht nur sein Ansehen beschädigen solle, sondern auch alles, wofür er theologisch stehe. Manch einer von ihnen rief dazu auf, mit abzustimmen.

    Nicht wenige Gläubige beschreiben das, was sie zurzeit über Benedikt lesen müssen, als eine „Hexenjagd“. Das Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl, das Ratzinger zu seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen vorwirft? Es gebe keine Beweise. Zeitungskommentare, die ihn für seine bisherigen Stellungnahmen dazu kritisieren? Ausdruck einer „sprungbereiten Feindseligkeit“. Die Diskussionen um die Aberkennung seiner Ehrenbürgerwürde in Freising, Traunstein oder eben Regensburg? Eine „Schande“.

    So äußert sich die Stadt Regensburg zum Missbrauchsgutachten

    Am Montag dann berichtete die katholisch-konservative Zeitung Die Tagespost von einem „Erdrutschsieg für Benedikt XVI.“. 72 Prozent der an der Umfrage der Mittelbayerischen Zeitung Teilnehmenden hätten dafür votiert, dass Benedikt weiterhin Ehrenbürger von Regensburg bleibe. Dies belege die ungebrochene Popularität des früheren Pontifex. Der war einst Professor an der Regensburger Universität.

    Deutlich verhaltener äußert man sich dazu am Montag im Regensburger Rathaus. Eine Sprecherin antwortet auf die Frage, ob eine derartige Umfrage einen Einfluss auf die laufende Debatte habe: Dies könne man nicht bewerten.

    Traunstein und Freising: Notwendigkeit einer Debatte im Stadtrat

    Und SPD-Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer bekräftigt, was sie schon einmal sagte: Es sei jetzt noch zu früh für eine Entscheidung. „Doch mit Blick auf das unermessliche Leid, das den Opfern zugefügt wurde, muss sich auch die Stadt Regensburg damit auseinandersetzen. Das sind wir den Opfern sexueller Gewalt schuldig.“ Ob die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den ehemaligen Papst widerrufen werde oder nicht, müsse zu gegebener Zeit im Stadtrat diskutiert und mit einem klaren Votum entschieden werden. Einen Termin für diese Diskussion gibt es am Montag demnach noch nicht.

    Klar ist dagegen: Laut Gemeindeordnung können Gemeinden „die Ernennung zu Ehrenbürgern wegen unwürdigen Verhaltens widerrufen“. Der Beschluss bedürfe einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderats.

    Ähnlich wie in Regensburg ist auch der Stand der Dinge in den oberbayerischen Städten Traunstein und Freising. In Traunstein verbrachte Ratzinger seine Kindheit und Jugend – und nannte den malerischen Ort im Chiemgau seine „Vaterstadt“ und Heimat. In Freising war er ins Priesterseminar eingetreten und nahm ein Studium auf.

    In Traunstein sind die Austrittszahlen stark gestiegen

    Am Montag sagt eine Sprecherin der Stadt Traunstein auf Anfrage, dass eine Kommission gebildet werden solle, die sich mit dem Thema „Aberkennung von Benedikts Ehrenbürgerwürde“ beschäftigen werde. Deren Beratungsergebnis werde im Stadtrat diskutiert. Noch sei aber offen, wer die Mitglieder der Kommission sein werden.

    Wie die Stimmungslage im Ort sei? Sie verweist auf die Austrittszahlen. In der ersten Februarwoche seien – bis zum letzten abgefragten Stand am 7. Februar – 22 Katholikinnen und Katholiken aus der Kirche ausgetreten, 28 weitere hätten sich dafür angemeldet. Im Januar seien es 74 gewesen. Ein Jahr zuvor waren es im Januar 15 und im gesamten Februar acht.

    Es geht auch um Kardinal Wetter, der Ehrenbürger von Freising ist

    Rupert Widmann, Hauptamtsleiter der Stadt Freising, sagt zur Debatte um Benedikts Ehrenbürgerwürde: „Die politische Diskussion ist absolut noch nicht abgeschlossen.“ Zudem werde man einige Zeit benötigen, um alle Fakten zu würdigen.

    Und dann sagt er etwas recht Interessantes: Man stehe in Kontakt mit Friedrich Kardinal Wetter. Der zählt ebenfalls zu den drei noch lebenden Ehrenbürgern der Stadt. Wetter, 1928 in Landau in der Pfalz geboren, war 1982 als Nachfolger Ratzingers zum Erzbischof von München und Freising ernannt worden. Das Missbrauchsgutachten lastet ihm fehlerhaftes Verhalten in 21 Fällen an.

    Der damalige Papst Benedikt XVI. und der damalige Münchner Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter (links) im Jahr 2006.
    Der damalige Papst Benedikt XVI. und der damalige Münchner Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter (links) im Jahr 2006. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Wetter bestritt das zwar, bat aber um Entschuldigung. Es tue ihm von Herzen leid, was in seiner Amtszeit „so nicht erkannt wurde“. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass er dem Oberbürgermeister seiner Heimatstadt in einem Brief mitgeteilt hatte, dass er auf die Ehrenbürgerschaft verzichte. Er wolle nicht, „dass durch die Auseinandersetzungen um meine Person der Friede der Stadt gestört wird“. Der Landauer Oberbürgermeister erklärte, Respekt vor der Entscheidung zu haben.

    Auch dem Freisinger Oberbürgermeister habe Wetter ein „persönliches Schreiben“ geschickt, sagt Hauptamtsleiter Widmann am Montag. Über den Inhalt wolle er nichts verraten.

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