Die Kritik an den vier katholischen Bischöfen, die den innerkirchlichen Reformprozess in Deutschland blockieren, hält an. Nach entsprechenden Wortmeldungen von katholischen Reformgruppen oder Frauenverbänden, sagte am Mittwoch Birgit Kainz, bayerische Landesvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds, unserer Redaktion: "Glauben die vier Bischöfe, dass die tiefgreifende Krise der Kirche sich so lösen lässt? Wir haben so viele Kirchenaustritte wie nie zuvor, während sexueller und spiritueller Missbrauch von Klerikern das Vertrauen in die katholische Kirche noch weiter trübt. Was muss noch passieren, um den Ernst der Lage zu begreifen?"
Kainz verwies auf das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, die oberste Laienvertretung, das von den deutschen Bischöfen selbst gebeten wurde, sich mit Blick auf den Missbrauchsskandal auf den Reformprozess "Synodaler Weg" zu begeben. Zudem betonte die Landesvorsitzende des Frauenbunds, dass es das Geld der deutschen Katholikinnen und Katholiken sei, worüber die Bischöfe verfügten und bestimmten – und das jetzt nicht zur Verfügung stehe, um den Reformprozess zu verstetigen.
Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) hatten am Dienstag gegen ihre 23 Mitbrüder und die Finanzierung des "Synodalen Ausschusses" über den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD), der im Wesentlichen über Kirchensteuermittel verfügt, gestimmt. In dem Gremium aus Bischöfen und Laien sollen Beschlüsse des mit einer Synodalversammlung in Frankfurt am Main vorerst zu Ende gegangenen Reformprozesses "Synodaler Weg" weiterverfolgt werden.
Im Herbst kommt die Weltbischofssynode in Rom
Die vier Bischöfe erklärten in einer von der Pressestelle des Bistums Passau verschickten Mitteilung, "dass das Vorhaben, jetzt schon einen Synodalen Ausschuss in Deutschland zu organisieren, der dann einen Synodalen Rat einrichten soll, gegen die klare Weisung des Papstes stehe". Daher könnten sie diesen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitgehen. Man wolle sich zunächst auf die Arbeit und Ergebnisse der Weltbischofssynode im Herbst in Rom konzentrieren "und erst dann nach möglichen neuen Organisationsformen in Deutschland fragen".
Einmal mehr erneuerten sie ihre grundsätzlichen Einwände gegen den Reformprozess: "Beim Synodalen Weg sind Beschlüsse gefasst worden, die bei vielen Gläubigen in der ganzen Welt Unruhe erzeugen: Es geht um tiefe Fragen der Lehre, vor allem um die Lehre von der Kirche, vom Menschen, von den Sakramenten", erklärten sie. "Würden wir hier nun in Deutschland forciert weitergehen, würden die Polarisierungen unter den Gläubigen bei uns, unter den Bischöfen und im Miteinander der Weltkirche nur noch weiter verstärkt."
In einem Interview mit dem Chefredakteur seines Passauer Bistumsblatts betonte Oster am Dienstagabend: "Für Papst Franziskus – und die ganze Tradition der Kirche – ist es aber wesentlich, dass die Bischöfe in ihrer Letztverantwortung frei bleiben. Der Synodale Rat will aber eine verbindliche und zugleich freiwillige Selbstbindung der Bischöfe an Mehrheitsvoten." Über das Vorbereitungsgremium "Synodaler Ausschuss" sagte er: Viele Bischöfe wollten, dass der Verband der Diözesen Deutschlands, der der Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz ist, dafür die Mittel bereitstelle und zusätzlich neue Stellen dafür schaffe. "Für solche Entscheidungen des VDD braucht es aber Einstimmigkeit. Und weil es die nicht gegeben hat, ist nun nicht mehr die Deutsche Bischofskonferenz Geldgeber und 'Mitveranstalter' des Synodalen Ausschusses, sondern die einzelnen Bistümer – und gegebenenfalls eine neue Trägerstruktur." Die Deutsche Bischofskonferenz hatte noch am Dienstag angekündigt, dass nach einem alternativen Finanzierungsmodell gesucht werden müsse. Die erste Sitzung des "Synodalen Ausschusses" solle, wie vorgesehen, am 10./11. November stattfinden.
Der Augsburger Bischof ist dieses Mal nicht Teil der kleinen Bischofs-Gruppe von Kritikern des Reformprozesses
Der Augsburger Bischof Bertram Meier, der in der Vergangenheit ebenfalls Vorbehalte gegen den deutschen innerkirchlichen Reformprozess geäußert hatte, stimmte für die Finanzierung des "Synodalen Ausschusses". In einer Stellungnahme vom Mittwoch sagte er, er habe um Kompromissbereitschaft geworben. Noch immer hege er die Hoffnung, dass der Synodale Weg in Deutschland und die synodalen Prozesse, die in die Weltsynode einmünden werden, "keine Gegensätze sein müssen, sondern einander befruchten können. Dafür wünsche ich mir Hörbereitschaft und Geduld." Meier ist einer der Delegierten der Deutschen Bischofskonferenz, der an der Weltsynode in Rom teilnehmen wird.
Er gehörte mit den drei genannten bayerischen Bischöfen sowie Woelki zu den Verfassern eines Briefes an den Vatikan, in dem diese anfragten, ob man als Bischof am "Synodalen Ausschuss" teilnehmen müsse beziehungsweise ob man dies überhaupt dürfe. Die Antwort kam prompt: Die Bischöfe seien nicht verpflichtet, sich an der Arbeit des "Synodalen Ausschusses" zu beteiligen. Und weiter: Der Synodale Rat würde "eine neue Leitungsstruktur der Kirche in Deutschland bilden" und sich "über die Autorität des einzelnen Bischofs innerhalb seiner Diözese" stellen. Weder der Synodale Weg noch eine Bischofskonferenz haben jedoch die Kompetenz, den Synodalen Rat auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten.
Für den "Synodalen Ausschuss" als Vorbereitungsgremium das Synodalen Rates hatten 93 Prozent der Mitglieder der Synodalversammlung in Frankfurt gestimmt. Auch 88 Prozent der Bischöfe unter den Synodalen waren für seine Errichtung. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, betonte vor kurzem, der Vatikan habe den "Synodalen Ausschuss" nicht blockiert. Aus katholisch-konservativen Kreisen erhielten die drei bayerischen Bischöfe und der Kölner Kardinal Woelki für ihre Blockade der Finanzierung des Gremiums große Zustimmung. Birgit Kainz, bayerische Landesvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds, sagte dagegen: "Ich hoffe sehr, dass die vier Bischöfe ihre Entscheidung überdenken. Es ist an der Zeit!"