Die Staatsanwaltschaft München II hat den früheren stellvertretenden Finanzdirektor des katholischen Bistums Eichstätt, der kein Kleriker ist, einen Ex-Geschäftspartner und eine dritte Person angeklagt. Das bestätigte die Behörde am Montag unserer Redaktion – und damit auch einen Bericht, in dem der Anwalt des früheren stellvertretenden Finanzdirektors, Ulrich Ziegert von der Münchner Kanzlei Bossi & Ziegert, gesagt hatte, ihm liege die Anklage gegen seinen Mandanten vor. Ob das Landgericht München II die Anklage zulässt, steht noch nicht fest, gilt aber als wahrscheinlich.
Der 2018 vom Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke öffentlich gemachte Finanzskandal ist einer der größten in der jüngeren Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland. Es geht um fragwürdige Immobiliengeschäfte in den USA in Höhe von insgesamt rund 60 Millionen Dollar. Noch offen sind nach Angaben des Bistums Darlehen in Höhe von rund 42 Millionen US-Dollar.
So lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft im Einzelnen
Staatsanwalt Christian Steinweg erklärte am Montag im Gespräch mit unserer Redaktion, dass der Tatvorwurf gegenüber dem früheren stellvertretenden Finanzdirektor auf "Untreue durch die Vergabe von ungesicherten beziehungsweise allenfalls nachrangig gesicherten Darlehen durch die Diözese Eichstätt beziehungsweise die Emeritenanstalt der Diözese Eichstätt mit einem Gesamtschaden von 45.175.895,18 US-$" laute. Darüber hinaus wird dem Angeschuldigten demnach vorgeworfen, im Zusammenhang mit der Gewährung der Darlehen Gesellschaftsbeteiligungen und Bestechungsgelder im Gesamtvolumen von exakt 852.531,24 US-Dollar angenommen und nicht vollständig versteuert zu haben.
Ein weiterer Angeschuldigter, sein ehemaliger Geschäftspartner, ist nach Ausführungen von Staatsanwalt Christian Steinweg auf Seiten der Darlehensnehmer tätig geworden und hat die Vorteile gewährt. Steinweg zufolge hält sich der Mann in Deutschland auf. Die dritte angeklagte Person komme aus dem "persönlichen Umfeld" des früheren stellvertretenden Finanzdirektors. Dieser Person werde vorgeworfen, dem früheren stellvertretenden Finanzdirektor "Konten zur Vereinnahmung der Bestechungsgelder zur Verfügung gestellt zu haben". Steinweg sprach von aufwendigen Ermittlungen und Rechtshilfeersuchen in die USA. Weitere Tatvorwürfe seien nicht zum Nachteil der Diözese Eichstätt begangen worden und richteten sich nicht gegen deren ehemaligen stellvertretenden Finanzdirektor.
Ermittlungen gegen Eichstätter Bischof und weiteren hochrangigen Geistlichen eingestellt
Zudem sagte Steinweg: "Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II im Zusammenhang mit der Veruntreuung von Vermögen der Diözese Eichstätt sind mit der erhobenen Anklage abgeschlossen." Gegen den früheren stellvertretenden Finanzdirektor und gegen dessen damals in den USA lebenden deutschen Geschäftspartner wurde wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue sowie der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ermittelt.
In einem vom Bistum Eichstätt beauftragten Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) aus dem Jahr 2019 hatte es geheißen, insgesamt 31 Darlehen an US-amerikanische Immobiliengesellschaften in einer Gesamthöhe von "ca. 60 Mio. US-Dollar" seien zwischen 2014 und 2016 "maßgeblich" durch den damaligen stellvertretenden Finanzdirektor vergeben worden. Sie seien "nahezu ausnahmslos unbesichert" gewesen. Laut Gutachten sei der frühere stellvertretende Finanzdirektor unverantwortbare Risiken zulasten der Diözese sowie deren Emeritenanstalt eingegangen und habe dafür "zumindest Zahlungen in Höhe von circa 1 Million US-Dollar erhalten".
Mitte 2020 wurden Vorermittlungen gegen Bischof Hanke eingestellt; vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass auch gegen den früheren Finanzdirektor des Bistums Eichstätt, ein hochrangiger Geistlicher, nicht mehr ermittelt wird.