Der langjährige Weggefährte Joseph Ratzingers und Theologe Wolfgang Beinert hat von dem emeritierten Papst nach dessen Einräumen einer Falschaussage eine öffentliche Entschuldigung im Missbrauchsskandal im Erzbistum München und Freising gefordert. „Das ist unbedingt notwendig“, sagte der emeritierte Theologie-Professor unserer Redaktion. „Es bleibt ihm also nur übrig zu sagen: Ja, ich habe einen Fehler begangen und bereue ihn bitterlich“, sagte er. „Anschließend müsste er ein Zeichen setzen – so er das noch kann“, fügte er hinzu.
Benedikt XVI. hat die Unwarheit über eine Ordinariatssitzung 1980 gesagt
Beinert erklärte, Ratzinger habe im Fall der Ordinariatssitzung im Januar 1980 die Unwahrheit gesagt. „Auch Päpste sind vor Lügen nicht gefeit“, erklärte der Theologe. „Alle Menschen sind Sünder, Päpste auch. Und auch Päpste sind Menschen, die in der Not zum rettenden Strohhalm greifen“, sagte er. „Inzwischen hat Ratzinger ja seine Ansicht korrigiert und klargestellt, dass er an der Ordinariatssitzung teilgenommen hat.“
Beinert über Ratzingers Verhalten: "Das hat mich erschüttert"
Beinert kritisierte das Verhalten Ratzingers im Münchner Missbrauchsskandal. „Mich hat das erschüttert“, sagte er über Äußerungen Ratzingers, einer der beschuldigten Priester habe als Privatmann gehandelt. „Genauso wie eine andere Bemerkung von ihm, der zufolge man damals – sinngemäß – Missbrauchsfälle nicht so ernst genommen habe. Das geht nicht. Denn in der Kirche waren sexuelle Vergehen immer eine schwere Sünde.“ Gerade Kindesmissbrauch sei immer verpönt und strafbar gewesen. „Ich glaube, Ratzinger hat die Dimension dessen, was da geschehen ist, überhaupt noch nicht begriffen“, sagte der Theologe der zu den wissenschaftlichen Schülern Ratzingers zählt.
Ebenso wies er Ratzingers frühere Erklärungen zurück, 68er und reformorientierte Theologen hätten eine Mitschuld am Missbrauchsskandal in Reihen der katholischen Kirche gehabt. „Der Zeitgeist ist gerade in traditionalistischen Kirchenkreisen eine beliebte Ausrede – er ist so etwas wie der gegenwärtige Teufel“, sagte Beinert. „Man kann sich nicht auf irgendwelche bösen, äußeren Gewalten berufen, um sich selbst zu entlasten“, betonte der 88-jährige Theologe.