Nach den Worten von Augsburgs Bischof Bertram Meier hat es im vergangenen Jahr mehr als 30.000 Kirchenaustritte in seinem Bistum gegeben. Bei der Weihe des 53-jährigen Herbert Kramert aus Ruderatshofen (Kreis Ostallgäu) zum Priester sagte Meier in seiner Predigt im voll besetzten Dom wörtlich: "Immer mehr Menschen kehren uns, der Kirche, den Rücken. Die einen machen einen klaren Schnitt und treten aus, Tendenz steigend. Im vergangenen Jahr waren es im Bistum Augsburg über 30.000 – 30.000, die ausgetreten sind!" Andere verabschiedeten sich "heimlich, still und leise". Meier ergänzte: "Auch die Zahl derer, die sich offen gegen die Kirche stellen, nimmt zu." Ähnlich sei es Jesus selbst ergangen.
2022 gab es fast 360.000 Austritte aus der katholischen Kirche in Deutschland
Die Zahl der Austritte nannte Bischof Meier dabei abweichend von seinem Predigt-Manuskript, das auf der Bistums-Homepage veröffentlicht wurde, und in dem sich der Satz nicht findet. Die Katholische Deutsche Bischofskonferenz und die 27 (Erz-)Bistümer haben ihre aktuelle – für das Jahr 2022 geltende – "Kirchenstatistik" noch nicht veröffentlicht. Dies tun sie üblicherweise koordiniert jeweils im Sommer des Folgejahres. Mit ihrer Veröffentlichung wird in Kürze gerechnet. Erwartet wird ein weiteres historisches Hoch bei den Kirchenaustrittszahlen, die in Deutschland von 221.390 im Jahr 2020 auf 359.338 im Jahr 2021 gestiegen waren.
Mehr als 30.000 Kirchenaustritte 2022 im Bistum Augsburg – auch das bedeutet einen beispiellosen Negativrekord. Im Jahr 2021 hatten im Bistum Augsburg 19.884 Menschen der römisch-katholischen Kirche den Rücken gekehrt, 2020 waren es 13.042. Selbst im Jahr 2010 hatte es mit einer Zahl von 12.065 im Bistum Augsburg deutlich weniger Austritte gegeben. Es war jenes Jahr, in dem der damalige Bischof Walter Mixa nach Prügelvorwürfen zurücktreten musste. 2010 kamen ebenfalls immer weitere Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche in einer Welle von Medienveröffentlichungen ans Licht. Es war der Beginn dessen, was seitdem unter dem Begriff "Missbrauchsskandal" firmiert – und offensichtlich das Vertrauen in die katholische Kirche und ihre Vertreter massiv erschütterte.
Die Gründe für einen Austritt aus der Kirche sind vielfältig
Dabei haben Studien immer wieder belegt, dass die Gründe für einen Kirchenaustritt vielfältig sind. Neben dem Prozess der Säkularisierung und des Rückgangs der Religiosität spielen die kirchlichen Skandale allerdings eine bedeutende Rolle. Als eine Art Popularitätsvotum über den jeweiligen Ortsbischof taugen sie kaum – auch wenn sich, wie im Falle des umstrittenen Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki, gewisse Effekte feststellen lassen.