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Kirche: Missbrauchsskandal: Keine Sonderbehandlung für die Kirche

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Missbrauchsskandal: Keine Sonderbehandlung für die Kirche

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    Die dunklen Wolken über der katholischen Kirche werden dichter. Im Zuge des Missbrauchsskandals kommen immer neue Details ans Tageslicht.
    Die dunklen Wolken über der katholischen Kirche werden dichter. Im Zuge des Missbrauchsskandals kommen immer neue Details ans Tageslicht. Foto: Friso Gentsch, dpa (Symbolbild)

    Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat die katholische Kirche für ihren früheren Umgang mit Missbrauchsfällen scharf kritisiert, zugleich aber „Unterstellungen“ gegen die bayerischen Staatsanwaltschaften zurückgewiesen. Die Kirche, so Eisenreich am Mittwoch im Landtag, habe bei der Aufarbeitung Fehler gemacht und lange Zeit auch „systemisch versagt“. Den Staatsanwaltschaften aber könnten nach Überzeugung des Ministers keine Vorwürfe gemacht werden. Sie ermittelten ungeachtet des Amtes oder der Reputation einzelner Personen und ohne Ansehung von Institutionen. „Niemand steht in Bayern über dem Gesetz“, betonte Eisenreich.

    Anlass der Debatte im Landtag war das vom Erzbistum München und Freising selbst in Auftrag gegebene Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Die Anwälte waren, wie mehrfach berichtet, zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren. Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, zugleich aber von einer großen Dunkelziffer aus.

    Haben die Behörden mit dem nötigen Nachdruck ermittelt?

    In zwei Dringlichkeitsanträgen warfen SPD und Grüne die Frage auf, ob die Behörden – zumindest in der Zeit vor dem Jahr 2018 – mit dem nötigen Nachdruck ermittelt hätten. Der Landtag müsse hier einen Beitrag zur Aufklärung leisten, „insbesondere soweit im Raum steht, dass es in der Vergangenheit zu Versäumnissen seitens des Freistaates und seiner Behörden kam“, hieß es im Antrag der Grünen. Die SPD forderte die Staatsregierung auf, „die Staatsanwaltschaften anzuweisen, in sämtlichen Fällen ohne Ansehen der Person und ohne Rücksicht auf Institutionen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln effektiv zu ermitteln“.

    Die Anträge wurden mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern abgelehnt. Justizminister Eisenreich wie auch Landtagsvizepräsident Alexander Hold (Freie Wähler) nahmen die Justiz ausdrücklich in Schutz. Hold sagte: „Beide Anträge unterstellen eine Sonderbehandlung der Kirche durch die staatlichen Strafverfolger.“ So etwas anzunehmen sei eine Geringschätzung der Unabhängigkeit der bayerischen Justiz. Eisenreich berichtete, er habe im Vorfeld der Plenardebatte noch einmal mit den Ermittlungsbehörden gesprochen. „Die Staatsanwälte haben mich gebeten, die Unterstellungen, die im Raum sind, ausdrücklich zurückzuweisen“, sagte der Minister und stellte fest: „Es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaften, Grenzüberschreitungen zu prüfen, sondern zu prüfen, ob die Grenze zur Strafbarkeit überschritten ist.“ Ohne konkreten Tatverdacht „globale Durchsuchungen“ zu machen sei rechtlich nicht möglich. Eisenreich sicherte zu, auch für die Zeit vor 2018 nachzuforschen und dem Landtag einen Bericht vorzulegen.

    Einigkeit herrschte in der Debatte darüber, dass die Kirche noch mehr zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals tun müsse. Der Sprecher der CSU für Fragen der katholischen Kirche, Thomas Huber, zum Beispiel forderte die Diözesen auf, ihre Archive für die Staatsanwaltschaften zu öffnen.

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