Die "ForuM"-Studie, eine umfassende bundesweite Missbrauchsstudie für die evangelische Kirche, wirft auch in Bayern ihre Schatten voraus. Ihre Vorstellung am 25. Januar durch den beauftragten unabhängigen Forschungsverbund in Hannover wird begleitet von einer Reihe von Meldungen. Am Montag etwa wurde der evangelische Landesbischof Christian Kopp in einer Pressemitteilung mit den Worten zitiert: "Sexualisierte Gewalt in jeder Form ist mit dem christlichen Glauben völlig unvereinbar." Die Kirchenleitung der bayerischen Landeskirche stehe an der Seite der betroffenen Personen. Kopp verband dies mit einer Entschuldigung: "Die Anliegen betroffener Personen sind uns wichtig. Es tut uns leid, dass wir ihnen nicht immer gerecht geworden sind." Und mit einem Versprechen: "Wir werden weiterhin konsequent auch zurückliegende Taten aufklären und so weit wie möglich ahnden." Die Devise sei: "keine Toleranz für Täter und möglichst viel Transparenz für die betroffenen Personen".
Ein zwölfköpfiges Team hatte die Zahlen aus der Auswertung von Disziplinarakten ermittelt
Am Dienstag folgte dann eine Mitteilung mit Zahlen, die so bislang nicht öffentlich bekannt waren. Es sind Zahlen, die von den Forschenden angefragt und ihnen im vergangenen Sommer vonseiten der Landeskirche bereitgestellt worden sind. Diese meldete ihnen 129 beschuldigte Personen und 226 Taten. Rechne man Hinweise auf mutmaßliche weitere Taten dazu, zu denen sich keine weiteren Informationen fanden, müsse von 253 Taten ausgegangen werden. Ein zwölfköpfiges Team hatte die Zahlen, wie es hieß, über Monate hinweg unter anderem aus der systematischen Auswertung von Disziplinarakten ermittelt. Die Akten erstrecken sich über einen Zeitraum von 1917 bis 2020. Von den 129 Beschuldigten seien 56 Pfarrpersonen. Des Weiteren: Erzieher (in Heimen), ehrenamtliche Jugendleiter und Kirchenmusiker.
Da es in der ForuM-Studie ausschließlich um Fälle gehe, bei denen die Opfer sexualisierter Gewalt minderjährig sind, liegt die Gesamtzahl der Beschuldigten und Betroffenen offenkundig höher. Die Landeskirche wies zugleich darauf hin, dass der Begriff "sexualisierte Gewalt" weit gefasst und jedes die sexuelle Selbstbestimmung beeinträchtigende Verhalten erfasst worden sei. Das heißt: Die Spannbreite reicht von übergriffigem Verhalten bis hin zu strafrechtlich relevanten Taten. Der Inhalt der unabhängigen Studie – Fakten wie Schlussfolgerungen – ist kirchenintern noch nicht bekannt und wird selbst für den evangelischen Landesbischof eine Überraschung darstellen. Bei der "Ansprechstelle für Betroffene" sexualisierter Gewalt im Raum der Landeskirche gingen 2023 32 Meldungen ein. 2022 waren es 39.