Die Kirchen hätten Vorreiter in Sachen Missbrauchsaufarbeitung sein können und ihrem Selbstverständnis nach auch sein müssen. Wie sie es in Sachen Prävention in Deutschland geworden sind. Mit Blick auf die unverändert nötige Aufarbeitung von Missbrauchs(verdachts)fällen kam es anders: Die evangelische Kirche hat – im Unterschied zur katholischen – nach wie vor keine umfassende Untersuchung. In der katholischen bildete sich ein problematisches Nebeneinander an mehr oder minder unabhängigen Gremien, Gutachten, Studien und Zuständigkeiten heraus, in dem Verantwortung regelrecht verdampft.
Es sind einfache Fragen, auf die es vielleicht nie Antworten geben wird
Es ist wie mit einem Haus, bei dem man mit dem Erdgeschoss begann, allerlei Anbauten vornahm und dann festgestellt hat, dass der Keller fehlt oder sich nicht ohne Weiteres einbauen lässt. Der Keller, das wäre hier eine breitestmögliche Grundlage an vergleichbaren Fakten, etwas Fundamentales. Es sind einfache Fragen, auf die es vielleicht nie Antworten geben wird – auch, weil sie nicht gestellt wurden und werden. Wie viele Missbrauchsfälle gab/gibt es in welchen Einrichtungen? Wie viele Beschuldigte? Wie viele Betroffene? Wer waren, wer sind diese Personen? Wie heißen sie, wenn es sich etwa um (Erz-)Bischöfe handelt? Wem kommt welche Verantwortung zu?
Und: Gibt es einen vernünftigen Grund, diesen Fragen nicht nachzugehen – mit Blick auf das Bistum Augsburg oder das Bistum Passau oder jeden einzelnen evangelischen Kirchenkreis? Was es gibt, das sind zu wenige Antworten.