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Kirche: Marx bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung

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Marx bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung

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    Kardinal Reinhard Marx während der Pressekonferenz.
    Kardinal Reinhard Marx während der Pressekonferenz. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Es ist fast genau ein Jahr her, als ein Missbrauchsgutachten nicht nur die katholische Kirche erschütterte. Das, was die Anwälte der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) im Auftrag des Erzbistums München und Freising zusammengetragen und am 20. Januar 2022 vorgestellt hatten, sorgte weltweit für Schlagzeilen. Schließlich hatten sie sogar dem inzwischen verstorbenen, emeritierten Papst Benedikt XVI. Vorwürfe zu seinem Umgang mit Missbrauchsfällen gemacht. Diese reichten zurück in seine Zeit als Münchner Erzbischof (1977–1982). Auch der amtierende Münchner Erzbischof, Reinhard Kardinal Marx, blieb nicht verschont.

    Er bittet am Dienstag in der Katholischen Akademie in München Betroffene einmal mehr um Entschuldigung – für das Leid, das auch er mitzuverantworten habe. "Wir wollen an der Seite der Betroffenen sexuellen Missbrauchs stehen", sagt er während einer Pressekonferenz nach einem von manchem als "pathetisch" bezeichneten Film, in dem Vertreter des Erzbistums zu Wort kommen.

    "Missbrauch ist und bleibt eine Katastrophe, immer", sagt der Münchner Kardinal Reinhard Marx

    "Missbrauch ist und bleibt eine Katastrophe, immer", sagt Marx, und dass viel dagegen unternommen worden sei. Und das präsentiert er mit seinem Generalvikar, seiner Amtschefin und anderen. Mit der Präventionsarbeit habe man auch für viele andere gesellschaftliche Bereiche Pionierarbeit geleistet, findet er. Größtes Defizit sei gewesen, anfänglich die Perspektive der Betroffenen nicht eingenommen zu haben. "Die Betroffenen waren zu wenig im Blick."

    Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" wird von einer "beeindruckenden Bilanz" sprechen: Es wurde eine Stabsstelle "Seelsorge und Beratung für Betroffene" eingerichtet, geleitet von einem Priester, der Opfer wurde. Es gibt eine telefonische Anlauf- und Beratungsstelle oder auch Begegnungsveranstaltungen mit Betroffenen. Das WSW-Gutachten ging von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern aus – sowie einem erheblichen Dunkelfeld. Wie groß es ist? Einen Hinweis darauf liefern die nach Bistumsangaben 57 Meldungen bei den unabhängigen Ansprechpersonen zwischen 20. Januar und Jahresende 2022.

    FDP-Politiker Fischbach: "Ich hätte erwartet, dass Marx auf Wolfs Rolle zu sprechen kommt"

    Doch auch am Dienstag gibt es Kritik. Sie ist vielschichtig und spiegelt die aktuelle Debattenlage wider. So fordert Gabriele Triebel, Sprecherin für Religion der Landtags-Grünen: "Die Aufarbeitung darf nicht allein der Täterorganisation überlassen werden." Der Staat müsse endlich seiner Verantwortung gerecht werden und Betroffene besser unterstützen. Matthias Fischbach, religionspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, bekräftigt im Gespräch die Forderung nach einer staatlich eingesetzten unabhängigen Anlauf- oder Ombudsstelle für Betroffene.

    Marx wirft er vor, nicht auf Lorenz Wolf zu sprechen gekommen zu sein. Der Prälat war der Einzige, für den das Gutachten größere Konsequenzen hatte. Er ist, unter anderem, nicht mehr Kirchengerichtsleiter und Leiter des Katholischen Büros Bayern. Sein einflussreiches Amt als Domdekan behielt er. "Ich hätte erwartet, dass Marx auf Wolfs Rolle zu sprechen kommt", sagt Fischbach.

    Im August 2021 hatte WSW der Staatsanwaltschaft München I Verdachtsfälle auf strafrechtlich relevantes Verhalten zur Prüfung übergeben, die "noch lebende kirchliche Leitungsverantwortliche betreffen". Ergebnisse dieser Prüfung könnten bald mitgeteilt werden, ist zu hören. (mit dpa)

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