Nach der Vorlage eines zweiten Berichts von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) an den Landtag über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche werden Forderungen nach einem größeren staatlichen Engagement bei der Aufarbeitung laut.
Missbrauch in der Kirche: Neuer Bericht im Landtag
So forderten sowohl Richard Kick, Mitglied des unabhängigen Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, als auch die religionspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Gabriele Triebel, am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion die zügige Beauftragung einer wissenschaftlichen „Dunkelfeldstudie“ für Bayern, um das wahre Ausmaß des Missbrauchsskandals besser ergründen zu können, sowie die Einrichtung einer Anlaufstelle für Betroffene.
„Die vordringlichste Maßnahme ist jetzt eine unabhängige Ombudsstelle. Betroffene brauchen eine niederschwellige Hilfsmöglichkeit – auch mit Blick auf Strafanzeigen“, sagte Triebel. Sie forderte zudem eine staatliche Aufarbeitungskommission, die sich auch mit der Rolle der Staatsregierung befassen müsse.
Betroffenenvertreter Richard Kick: „Der Freistaat muss hier endlich die Initiative ergreifen"
Kick setzt sich für ein „Kompetenzzentrum“ ein, dass der Freistaat einrichten solle. „Der Freistaat muss hier endlich die Initiative ergreifen.“ Ein Kompetenzzentrum müsse mit kirchenunabhängigen Anwälten und Psychologen ausgestattet sein. Es könne Betroffene bei Anträgen helfen und Unterstützung koordinieren. Viele trauten sich – etwa wegen negativer Erfahrungen anderer Betroffener – nicht, sich bei der Kirche zu melden; ebenso täten sie es nicht bei den Staatsanwaltschaften, weil ihre Fälle verjährt seien oder sie die Einstellung von Ermittlungen fürchteten.
Im aktuellen Eisenreich-Bericht auf Antrag der Grünen und Anfrage zweier FDP-Abgeordneter geht es um Ermittlungsverfahren zu Sexualdelikten im kirchlichen Bereich im Hauptzeitraum 2017 bis Juni 2022, die unabhängig von Gutachten oder Studien eingeleitet wurden. Ihre Zahl liegt bei 229. Nimmt man eine Verurteilung hinzu, die aus einem Gutachten resultierte, führten die Ermittlungen zu insgesamt 30 Verurteilungen. 24 davon betrafen die katholische, sechs die evangelische Kirche.