Der Limburger Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), steht unter enormem Druck. Der kommt aus dem Vatikan, von seinen Mitbrüdern, von reformorientierten wie von katholisch-konservativen Katholikinnen und Katholiken. Es geht um den Kurs der Kirche in die Zukunft. Und der ist heftig umstritten. Wie Bätzing selbst. Für einige Reformkräfte ist er nicht durchsetzungsstark genug. Einigen "Bewahrern" gilt er, der einen klaren Reformkurs vertritt, als Hassfigur. Sie fordern seinen Rücktritt. Vor dem Haus Sankt Ulrich in Augsburg, in dem am Montag die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz beginnt, hat sich eine Maria 1.0-Gruppe aufgebaut. Auf einem Banner steht: "Unerlaubten ,synodalen Ausschuss' stoppen!"
Die Kleriker wollen über so wichtige Themen wie die "Zukunft der Demokratie im Wahljahr 2024" sprechen. Im Osten Deutschlands könnte die AfD die große Gewinnerin werden. Bätzing sagt vor Journalistinnen und Journalisten: Die Inhalte, die von der AfD und der Kirche vertreten würden, seien seiner Überzeugung nach nicht kompatibel. Zur Situation der Menschen im Gaza-Streifen erklärt er: "Wir leiden mit ihnen und machen deutlich, dass die Selbstverteidigung Israels ihre Grenzen haben muss, wenn es um die Zivilbevölkerung geht." Es könnte ein überaus "politisches" Bischofstreffen werden. Doch innerkirchlicher Streit überlagert die öffentliche Debatte. Er wird noch für reichlich Gesprächsstoff auch unter den angereisten Orts- und Weihbischöfen sorgen.
Per Brief mit Datum 16. Februar wendete sich der Vatikan an Bätzing und die deutschen Bischöfe – wegen des sogenannten Synodalen Ausschusses. Dieser soll einen "Synodalen Rat" aus Bischöfen und Laien vorbereiten, ein neues Beratungs- und Entscheidungsgremium der katholischen Kirche in Deutschland. Der Vatikan hatte sich mehrfach dagegengestellt, jetzt mit deutlicheren Worten denn je. Gezeichnet von drei hochrangigen Kurienkardinälen und unter Verweis auf die Zustimmung von Papst Franziskus heißt es in dem Schreiben unter anderem, dass ein Synodaler Rat "vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen" sei. Ein "diesbezüglicher Beschluss der DBK" wäre "ungültig".
Per Brief mahnt der Vatikan die Bischöfe, keinen Beschluss zum "Synodalen Ausschuss" zu fassen
Dazu muss man wissen: Infolge einer 2018 veröffentlichten Missbrauchsstudie hatten sich die deutschen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das ist die oberste Laienvertretung, auf einen "Synodalen Weg" begeben. Sie wollen nun Beschlüsse umsetzen, um sexualisierter Gewalt in Reihen der Kirche grundlegend vorzubeugen. Bei dem Gesprächsformat wurde – mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe – auch beschlossen, dass ein Synodaler Ausschuss einen Synodalen Rat auf den Weg bringen möge, um den Reformprozess zu verstetigen. Im vergangenen November wurde in der konstituierenden Sitzung des Synodalen Ausschusses dann einstimmig eine Satzung verabschiedet. Das ZdK bestätigte diese, die Deutsche Bischofskonferenz hätte sie in Augsburg ratifizieren sollen.
Hätte. Denn dazu wird es nicht kommen: Die Abstimmung nahm Bätzing nach der vatikanischen Intervention am Samstag von der Tagesordnung. Während das ZdK erwartet, "dass der Synodale Ausschuss bei seiner nächsten Sitzung im Juni voll arbeitsfähig ist" und davor warnt, die katholische Kirche in Deutschland habe "keine zweite Chance, wenn sie den Synodalen Weg stoppt, ist auf katholisch-konservativer Seite viel von "Kirchenspaltung" die Rede. Sogar der Wiener Kardinal Christoph Schönborn schaltete sich in die Debatte ein. Der katholischen Zeitschrift Communio sagte er: Die deutschen Bischöfe müssten sich ernsthaft fragen, ob sie gegenüber dem Papst loyal bleiben wollten. Eine Weigerung einzulenken, wäre ein "klares Anzeichen eines Schismas". Kern der Auseinandersetzung ist das Bischofsamt, das nicht geschwächt werden dürfe.
Bischof Georg Bätzing zeigt sich kämpferisch
Bätzing reagiert am Montag "verwundert über diesen Brandbrief". Und doch bleibt er auf Kurs: "Der Synodale Ausschuss ist konstituiert und er muss arbeiten", sagt er. Er betont: "Wir werden nichts einrichten, was dem Kirchenrecht entgegensteht." Er ergänzt: Der Brief mache deutlich, dass auf römischer Seite wirkliche Sorgen bestünden. "Wir haben den Eindruck, wir können diese Sorgen zu einem großen Teil entkräften." Kardinal Schönborn entgegnet er: Es dürfe doch niemand so tun, als könne das Bischofsamt unhinterfragt bleiben angesichts des Missbrauchsskandals. "Es hat Schaden genommen. Es hat gelitten unter den Fehlern, die Bischöfe gemacht haben – und deswegen muss es neu verwurzelt werden." Bätzing kämpferisch: "Wir lassen uns nicht spalten." Der Synodale Weg gehe weiter.