Im katholischen Bistum Augsburg tritt die neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft. Erst kürzlich war dafür noch vage das "erste Quartal 2023" genannt worden. Der Augsburger Bischof Bertram Meier gab den Termin nun im Rahmen einer Adventfeier des Bischöflichen Ordinariats am Montag bekannt. In einer Predigt in der Augsburger Kirche Sankt Ulrich und Afra fand er auch klare Worte zu der Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, auf die sich die deutschen Bischöfe Ende November in Würzburg verständigt hatten. Um Rechtswirksamkeit zu entfalten, muss diese in den einzelnen Bistümern jeweils in diözesanes Recht umgesetzt werden.
Meier sagte seinem Predigtmanuskript zufolge, das unserer Redaktion vorliegt, dass es zum 1. Januar 2023 ein neues Diözesangesetz geben werde, "das vor allem auch den Dienstgeber in die Pflicht nimmt". Dies sei ein "grundlegender Perspektivwechsel": Statt Loyalitätspflichten des Beschäftigten gegenüber der Kirche würden mehr die Verpflichtungen des Dienstgebers gegenüber den Beschäftigten definiert. Meier weiter: "Katholische Einrichtungen sollen ihre Katholizität nicht daraus ziehen, dass die Mitarbeitenden kirchlichen Moralanforderungen auch im Privatleben genügen. Das ist verständlich: Denn Moral lässt sich nicht mit Rechtsmitteln durchsetzen."
Bischof Meier: "Wir stehen gemeinsam im Dienst für Gott und Mensch"
Der Augsburger Bischof ergänzte, dass gleichwohl die Frage nach dem Profil der Kirche bleibe. "Kirchliche Einrichtungen sind dann kirchlich, wenn ein besonderer Geist für die Verwirklichung der Ziele des Evangeliums herrscht", führte er aus und verwies auf einen zentralen Passus der reformierten Grundordnung, in dem es heiße: „Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen ist eine Bereicherung“, um die Mitwirkung von Menschen als kirchliche Mitarbeitende „unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Lebensform“ zu ermöglichen.
"Diese Sätze wirken zunächst als Erleichterung und Entlastung. Sie nehmen Druck aus dem Kessel – ohne Zweifel", merkte Meier an. Zugleich seien sie Herausforderung und Verpflichtung: "Wir stehen gemeinsam im Dienst für Gott und Mensch. Sonst hat Kirche keinen Sinn, sonst können wir den Laden schließen, weil wir nur eine Firma sind", sagte er.
Die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts ging maßgeblich auf den Protest von Kirchenmitarbeitenden zurück. Anfang des Jahres hatten sich mehr als hundert katholische Priester, Ordensbrüder, Gemeindereferentinnen, Bistumsmitarbeiter, Religionslehrerinnen oder Erzieherinnen als schwul, bi, lesbisch, nicht-binär oder transsexuell geoutet. Unter dem Hashtag #OutInChurch setzten sie sich unter anderem für eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts und gegen Diskriminierung ein - und riskierten damit teilweise viel.
Bislang konnten "Loyalitätsverstöße" zum Jobverlust führen
Denn in der bislang geltenden Grundordnung wird zum Beispiel das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft als schwerwiegender Loyalitätsverstoß betrachtet. Bei katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die pastoral oder als Religionslehrkraft tätig sind, war dafür in der Regel eine „Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen“ vorgesehen.
Nun heißt es explizit, dass der „Kernbereich privater Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre“, rechtlichen Bewertungen entzogen bleibe. Für Geweihte gelten allerdings weiterhin besondere Anforderungen. Geahndet beziehungsweise zum Jobverlust führen können laut Neuregelung künftig unter anderem „die Propagierung von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen, die im Widerspruch zu katholischen Glaubensinhalten stehen“ oder „kirchenfeindliche Betätigungen“.