Der Augsburger Bischof Bertram Meier ist zu einem Solidaritätsbesuch in die Ukraine gereist. Offensichtlich aus Sicherheitsgründen informierte die Deutsche Bischofskonferenz darüber erst an diesem Donnerstagvormittag – nachdem Meier, begleitet von einer kleinen Delegation, am Morgen mit einem Nachtzug in Kiew eingetroffen war. Meier ist Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz und damit so etwas wie ihr "Außenminister", wie er sich selbst bezeichnet.
In einer Erklärung wird er mit den Worten zitiert: "Ich bin hier, um den Christen und allen Menschen in der Ukraine zu zeigen, dass die deutschen Bischöfe und die Gläubigen in unserem Land ihnen gerade in diesen Monaten von Krieg und Leid nahe sein wollen." Für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine fand er deutliche Worte: Dieser stelle einen „eklatanten Völkerrechtsbruch“ dar, der die Existenz der ukrainischen Nation bedrohe. „Ich verstehe gut, dass die Ukrainer diesen Angriff mit entschlossener Gegenwehr beantworten. Europa und die ganze Welt müssen an ihrer Seite stehen.“
Meier wird auch Butscha besuchen, wo "Zivilisten in großer Zahl abgeschlachtet" worden seien, wie er sagt
Meier trifft sich in Kiew mit Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk, dem Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche. Sie werden unter anderem über Hilfsmaßnahmen sprechen, die von der römisch-katholischen Kirche in Deutschland unterstützt werden. Zudem soll die Seelsorge für die ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland ein weiteres Thema des Austauschs sein.
Auf dem Programm des Augsburger Bischofs befindet sich ebenfalls ein Besuch von Butscha und Irpin – jene Orte, die für die Kriegsgräuel und russischen Kriegsverbrechen stehen. „Hier wurden Zivilisten in großer Zahl abgeschlachtet, verstörende Kriegsverbrechen begangen. Der Weg einer künftigen Versöhnung, auf den Christen hoffen, kann nicht an diesen Orten vorbeiführen", sagte Meier. Seinen geplanten Besuch auf dem Maidan, jenem symbolträchtigen Platz im Zentrum Kiews, bezeichnete die Deutsche Bischofskonferenz in ihrer Erklärung als "hoffnungsvollen Akzent".
Bertram Meiers Ukraine-Besuch soll auch die Einheit der Kirchen demonstrieren
Die Hoffnung auf ein Zusammenstehen der Kirchen in dieser Kriegssituation drückt sich unter anderem in Meiers Treffen mit führenden Vertretern der orthodoxen Kirchen in der Ukraine aus. „Auch wenn es in früheren Zeiten manche Spannungen gegeben hat: Mehr denn je stehen die Kirchen in der Ukraine, katholisch und orthodox, zusammen, um den Menschen angesichts von Leid und Tod den Friedenswillen Gottes zu bezeugen“, betonte der Bischof.
In Lwiw sprach er am Mittwoch bereits mit dem Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz in der Ukraine, Erzbischof Mieczysław Mokrzycki, und besuchte unter anderem ein Benediktinerinnen-Kloster, in dem Flüchtlinge untergebracht sind.
Meier hatte eigentlich Ende Februar nach Kiew reisen wollen, die Reise aber aufgrund des Kriegsbeginns absagen müssen. Damals hatte er Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk in einem Brief versichert, die katholische Kirche in Deutschland stehe an der Seite des ukrainischen Volkes. "Es geht in dieser Auseinandersetzung nicht nur um Ihr Land, das so furchtbar getroffen ist, sondern, wie Sie selbst unzählige Male dargelegt haben, um die Freiheit und Zukunft des ganzen Europas", so Meier.
So denken die katholischen Bischöfe über Waffenlieferungen an die Ukraine
Die deutschen Bischöfe hatten sich Mitte März auf ihrer Frühjahrs-Vollversammlung im oberfränkischen Vierzehnheiligen in einer gemeinsamen Erklärung für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Ihr Vorsitzender, der Limburger Bischof Georg Bätzing, sagte: „Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann, halten wir deshalb für grundsätzlich legitim.“
Zudem rief Bätzing damals den Moskauer Patriarchen Kyrill I., Vorsteher der russisch-orthodoxen Kirche, dazu auf, „sich vom Krieg eindeutig zu distanzieren“. Kyrill I. rechtfertigte den Krieg inzwischen mehrfach - als Kampf des Guten gegen den aus seiner Sicht dekadenten Westen. Vertreter der katholischen Kirche kritisierten ihn dafür bereits scharf. Ein Treffen von Papst Franziskus mit Kyrill I. könnte möglicherweise im September beim "Kongress der Weltreligionen" in Kasachstan stattfinden.