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Kirche: Augsburger Bischof kritisiert Ampel-Koalition und Kanzler Scholz

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Augsburger Bischof kritisiert Ampel-Koalition und Kanzler Scholz

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    Der Augsburger Bischof Bertram Meier - hier während eines Pontifikalamts an Weihnachten - wird in seiner Silvesterpredigt grundsätzlicher und auch "politischer".
    Der Augsburger Bischof Bertram Meier - hier während eines Pontifikalamts an Weihnachten - wird in seiner Silvesterpredigt grundsätzlicher und auch "politischer". Foto: Annette Zoepf

    Der Augsburger Bischof Bertram Meier kritisiert in seiner Jahresschlussandacht die neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Ihm habe in dessen erster Regierungserklärung, in der Scholz die Agenda seiner „Fortschrittskoalition“ entfaltet habe, der „moralische Fortschritt“ sowie der „Fortschritt des Humanum“ (des menschlichen Wesens, die Red.) gefehlt, so der hochrangige katholische Geistliche in seinem Predigtmanuskript. Aller Fortschritt nütze nichts, wenn dabei der Mensch auf der Strecke bleibe.

    Vor allem betont Meier, dass das Thema „Lebensschutz“ ausgespart werde, es finde sich weder im Koalitionsvertrag noch in der Regierungserklärung. Mit dem Begriff „Lebensschutz“ ist im kirchlichen Kontext insbesondere der Schutz ungeborenen Lebens und damit der Einsatz gegen Schwangerschaftsabbrüche gemeint. „Wir wagen nicht ’mehr Fortschritt’, wenn damit ein Rückschritt der Menschlichkeit einherginge“, so der Bischof, der Lebensschutz allerdings weiter fasst – „von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“. Das „Lebensrecht vor allem der Schwachen, Kleinen und Kranken“ dürfe nicht „auf dem Altar der Selbstbestimmung“ geopfert werden.

    Er ermutigte die Gläubigen, sich als Christ nicht wegzuducken: „Tun wir alles, dass der Mensch nicht vogelfrei wird, sondern geschützt bleibt, von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“. Wir dürften das Lebensrecht vor allem der Schwachen, Kleinen und Kranken nicht opfern auf dem Altar der Selbstbestimmung. Es käme einem „Selbstmissverständnis“ der Kirche gleich, wenn sie sich daran beteiligen würde, so Bischof Bertram. Wer mehr Fortschritt wagt, dürfe sich schon die Frage stellen, ob er nicht auch mehr Glauben wagen sollte. „Dabei geht es nicht nur um Rechtgläubigkeit, sondern auch und vor allem um Glaubwürdigkeit“, appellierte er an alle Christen, dies trotz zahlenmäßigen Schrumpfens als Chance zu begreifen und gemeinsam als „kreative Minderheit“ Kirche wieder mehr Strahl- und Anziehungskraft zu entwickeln.

    Bischof Bertram Meier hält Silvesterpredigt im Augsburger Dom

    Meiers mahnende Worte finden sich im Manuskript seiner Silvesterpredigt, die er am Freitagabend im Augsburger Dom hielt. In dem Predigttext, der unserer Redaktion vorliegt, betont er jedoch zugleich, er wolle die Ampel-Koalition nicht vorschnell kritisieren, das stehe ihm nicht zu. „Auch dem Kanzler und seiner Ministerriege ist eine Frist von 100 Tagen zu gönnen.“

    Was den Begriff „Lebensschutz“ angeht, so findet dieser sich tatsächlich nicht im Koalitionsvertrag. Dagegen ist darin unter anderem das politische Vorhaben festgehalten, den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches zu streichen und damit Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit zu geben, öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen zu können – ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann hat für den Januar einen Gesetzentwurf zur Abschaffung dieses „Werbeverbots“ für Abtreibungen angekündigt. Auch heißt es im Koalitionsvertrag, dass die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung gehöre.

    Um hierfür geistliche Perspektiven zu entwickeln, lud der Bischof die Gottesdienstbesucher zu einer Zeitreise in das Jahr 1521 ein, 500 Jahre zurück in der Menschheitsgeschichte. Denn er ist überzeugt: „Der Blick ins Gestern leuchtet uns den Weg ins Morgen.“ Ausdrücklich erwähnte er dabei die Fugger, die mit ihren Stiftungen schon damals wertvolle Impulse gesetzt, die bis heute Vorbildcharakter haben, wie die 1521 errichtete Fuggerei als „sozial-caritatives Pilotprojekt aus christlichem Geist“. Mit Blick auf die getrennten christlichen Konfessionen hat Bischof Bertram – 500 Jahre nach der Spaltung – die Hoffnung, dass sich eine neue Gelegenheit eröffnet, die Ökumene voranzutreiben: „Wie sich im Namen Gottes die Fronten vor 500 Jahren verhärteten, so wünsche ich mir, dass wir in Gottes Namen ökumenisch endlich weiterkommen. Ich träume von Augsburg als Schrittmacherin für die Einheit der Christen!“ Die Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Confessio Augustana im Jahr 2030 könnten ein solcher Impuls sein.

    Bischof Bertram Meier warnt vor Fake-News

    Wie bereits im vergangenen Jahr wird Meier in seiner Silvesterpredigt grundsätzlicher, „politischer“ und überaus konkret. Er versteht sie offensichtlich als programmatisch.

    Vor einem Jahr warnte er mit Blick auf Polarisierungen und einer von ihm ausgemachten „Zersplitterung der Gesellschaft“ in Pandemiezeiten: „Wehret den Anfängen!“ Dumpfe Töne würden salonfähiger. Wer dazu neige, so Meier, „sich mit Leuten zu verbünden, die an den Grundpfeilern der Demokratie sägen oder innerkirchlich der Einheit schaden wollen, anstatt sich von diesen Bewegungen klar und aktiv abzugrenzen, macht sich mit ihnen gemein“. Angesichts der fortschreitenden Radikalisierung sogenannter Querdenker, Corona-Leugner und Impfgegner, die zuletzt bei Protesten in Schweinfurt oder München zu beobachten war, haben die Worte des Augsburger Bischofs nichts von ihrer Aktualität verloren. (mit bau)

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